
Fehlinformationen zu Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen
In verschiedenen Medien wurde in den vergangenen Tagen berichtet, dass viele gewerbliche Mietverträge rechtswidrige Klauseln beinhalten und Mieter daher ihr Geld zurückfordern können.
Als Grund würde dafür schon ausreichen, wenn im Mietvertrag nicht extra darauf hingewiesen wird, dass "die Miete innerhalb der ersten beiden Monate nach Vertragsabschluss nicht erhöht wird.“ Das ist nicht ganz richtig.
Gewerbliche Vermieter:innen (als Unternehmer:in gilt in der Rechtsprechung regelmäßig, wer mehr als 5 Wohnungen vermietet) müssen nicht zwingend einen entsprechenden Hinweis in den Vertrag aufnehmen, damit eine Indexklausel wirksam ist.
Was sind Wertsicherungsklauseln?
Wertsicherungsklauseln sind Vereinbarungen in Mietverträgen, die erlauben, dass die Miete an die Inflation angepasst werden kann (Indexanpassung). Kommt es zu einer allgemeinen Preiserhöhung steigt somit auch die Miete.
Wie können Wertsicherungsklauseln aussehen?
Mietverträge können sehr unterschiedlich sein – auch im Hinblick auf die Wertsicherungsklauseln. Gemeinsam ist allen sogenannten Indexklauseln, dass sie Regeln festlegen, nach denen sich die vereinbarte Miete (ohne Betriebskosten) verändert. Meist erfolgt diese Veränderung angepasst an die Inflation (entsprechend der Veränderung des Verbraucherpreisindex, VPI).
Wertsicherungsklausel - Beispiel 1
„Der monatliche Hauptmietzins von 780 Euro wird bezogen auf den von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex 2020 wertgesichert vereinbart. Ausgangsbasis für diese Wertsicherung ist die bei Mietvertragsabschluss zuletzt verlautbarte Indexzahl.“
Bei dieser Formulierung der Wertsicherungsvereinbarung könnte die Miete jeden Monat neu berechnet (in der Regel erhöht) werden, da der Verbraucherpreisindex monatlich veröffentlicht wird. Somit wäre auch eine Mieterhöhung in den ersten zwei Monaten möglich. Um keinen Verstoß gegen das Konsumentenschutzgesetz zu riskieren, müsste der Vermieter deshalb extra festlegen, dass in den ersten zwei Monaten keine Erhöhung erfolgt.
Wertsicherungsklausel - Beispiel 2
„Es wird die Wertsicherung des Mietzinses vereinbart. Die Wertsicherung erfolgt nach dem von der Bundesanstalt Statistik Österreich monatlich verlautbarten Verbraucherpreisindex 2015 (VPI 2015) oder einem an seine Stelle tretenden Index. Ausgangsbasis für diese Wertsicherung ist die für den Monat des Mietvertragsabschlusses (Februar 2024) verlautbarte Indexzahl. Eine Anpassung findet jährlich zum 1.1., erstmalig zum 1.1.2025, statt. Die durch die Wertsicherung eingetretene Veränderung wird den Mietern von dem Vermieter schriftlich bekannt gegeben.“
In diesem Beispiel ist klar geregelt, dass eine Mieterhöhung in den ersten zwei Monaten ausgeschlossen ist. Der Vertrag wurde im Februar 2024 abgeschlossen, eine Anpassung ist frühestens ab 1. Jänner 2025 möglich. Auch wenn im Vertrag nicht extra erwähnt wird, dass es in den ersten zwei Monaten keine Erhöhung gibt, verstößt die Klausel trotzdem nicht gegen die 2-Monats-Regel.
Was steht im Konsumentenschutzgesetz?
Seit 1979 gibt es im Konsumentenschutzgesetz (§ 6 Absatz 2 Ziffer 4) eine Bestimmung, die Unternehmer:innen das Verwenden von Vereinbarungen verbietet, nach denen eine Preiserhöhung bereits in den ersten beiden Monaten möglich wäre – das gilt gegenüber Verbraucher:innen und nur sofern nicht anderes einzeln ausgehandelt wurde.
Diese Regelung schützt Konsument:innen vor unerwarteten Mehrkosten und verlangt von Unternehmer:innen, Preise zumindest zwei Monate lang stabil zu halten. Das gilt auch für Mietverträge. Vermieter:innen müssen jedoch nicht zwingend einen entsprechenden Hinweis in den Vertrag aufnehmen, damit eine Indexklausel gültig bleibt.
Was bedeutet das aktuelle Urteil des Verfassungsgerichtshofs?
Das aktuelle Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) sagt nicht, dass Wertsicherungsvereinbarungen in Mietverträgen grundsätzlich erlaubt oder verboten sind. Der VfGH hat nur bestätigt, dass zwei bestehende Paragrafen – aus dem Konsumentenschutzgesetz (KSchG) und dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) – verfassungskonform sind.
Diese Bestimmungen schützen weiterhin Konsument:innen, also auch Mieter:innen, vor unfairen Vertragsklauseln und unerlaubten Preiserhöhungen. Ob eine bestimmte Wertsicherungsklausel gültig ist, muss aber immer noch im Einzelfall von einem Gericht entschieden werden.
Was gilt in Altbau- und Genossenschaftswohnungen?
Altbauwohnungen
Viele Mietverträge im Altbau sehen eine Wertsicherung nach den sogenannten Richtwertsprüngen vor, die Mieterhöhungen frühestens ab Mai eines Jahres erlauben. Jedenfalls bei Verträgen, die zwischen Mai und Februar abgeschlossen werden, ist das in Bezug auf die 2-Monats-Regel kein Problem.
Genossenschaftswohnungen
Für Genossenschaftswohnungen (= Mietwohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen) gilt ein eigenes Spezialmietrecht – geregelt im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG). Es erlaubt meist nur einen kostendeckenden Mietzins, also eine Miete, die die tatsächlichen Ausgaben der Bauvereinigung abdeckt. Wenn sich diese Kosten ändern (z. B. durch höhere Kreditrückzahlungen), ändert sich auch die Miete automatisch. Solche Mieterhöhungen entstehen nicht durch Indexklauseln, sondern durch gestiegene Kosten. Deshalb gibt es bei Genossenschaftswohnungen kaum rechtswidrige Wertsicherungsklauseln.
Wann können Wertsicherungsklauseln rechtswidrig sein?
Die AK hat in den vergangenen Jahren sogenannte Verbandsverfahren (bei diesen Verfahren ist die AK die Klägerin – in diesen Verfahren werden die Verträge von Unternehmen strenger geprüft, als bei Klagen von Konsument:innen) geführt, die nahelegen, dass eine Rechtswidrigkeit vorliegen kann, wenn
- eine Wertsicherungsvereinbarung eine Erhöhung des Entgeltes bereits in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss zulässt
- eine Wertsicherungsvereinbarung Erhöhungen des Entgeltes vorsieht, Senkungen aber ausschließt
- eine Wertsicherungsvereinbarung vordatiert ist, wodurch die erste Anhebung der Miete die Inflation aus der Zeit vor dem Mietvertragsabschluss miteinschließt
- eine Wertsicherungsvereinbarung intransparent formuliert wurde
- eine Wertsicherungsvereinbarung auf einen sachlich nicht gerechtfertigten Index abstellt
Wenn sich Vermieter:innen nicht an das Gesetz halten, und rechtswidrige Vertragsformulare verwenden, müssen sie auch mit Sanktionen rechnen.
Musterverfahren und Erfolge der AK
Musterverfahren
Um herauszufinden, bei welchen Mietverträgen auch Privatpersonen zu viel bezahlte Miete zurückfordern können, führt die AK derzeit mehrere Musterverfahren. Welche Vereinbarungen tatsächlich rechtswidrig sind, wird aber erst nach Abschluss dieser Verfahren klar sein – eine abschließende Klärung wird 2025 nicht mehr erwartet.
Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir aufgrund der bereits laufenden Verfahren keine weiteren Musterverfahren übernehmen können.
Erfolge der AK
Die Arbeiterkammer hat bereits mehrere Verbandsverfahren gegen gewerbliche Vermieter:innen geführt, deren Verträge Mieterhöhungen schon in den ersten zwei Monaten zuließen. Der Oberste Gerichtshof gab der Arbeiterkammer recht und entschied 2023 erstmals, dass solche Vereinbarungen gegen das Konsumentenschutzgesetz verstoßen.
Forderungen an die Regierung
Vermieter:innen haben in den letzten Jahren hohe Gewinne erzielt – die Bundesregierung muss jetzt handeln und Mietsteigerungen begrenzen!
Zwischen Anfang 2022 und Mitte 2023 stiegen die Kategoriemieten um 24 %. Kategoriemieten werden regelmäßig in Altbau-Mietverträgen eingehoben, die zwischen 1982 und März 1994 abgeschlossen wurden, sie richten sich nach vier Ausstattungskategorien A bis D, wobei A die beste Kategorie mit dem höchsten Mietzins ist und D die schlechteste.
Die Richtwertmieten, die meist bei Altbaumietverträgen gelten, die ab März 1994 abgeschlossen wurden, stiegen im gleichen Zeitraum um knapp 15 %.
Trotz steigender Mieten fließt nur ein kleiner Teil in die Erhaltung. Steigerungen der gesamten Miete mit einer Erhöhung der Erhaltungskosten zu begründen, ist daher fragwürdig.
Vermietung ist kein Arbeitseinkommen, und ein automatisches Recht auf volle Inflationsanpassung ist nicht angemessen.
Die Regierung muss jetzt die versprochene Mietpreisbremse umsetzen, um faire und angemessene Mieten zu sichern.
Kontakt
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Telefonische Erstberatung
Fragen zu Ihrer Wertsicherungsvereinbarung können Sie gerne telefonisch mit unserer Wohnrechtshotline klären: Montag bis Freitag zwischen 8 und 12 Uhr sowie am Dienstag zusätzlich zwischen 15 und 18 Uhr unter 01 501 65 1345.
Bitte halten Sie Ihren Mietvertrag bereit und suchen Sie die Wertsicherungsvereinbarung vorab heraus.