Nachhaltigkeit
© Halfpoint, stock.adobe.com
13.2.2024

Nachhaltige Versicherungstarife stecken noch in den Kinderschuhen

Bei Waschmaschinen ist es klar – das Energielabel zeigt, was an Energie und Wasser gespart wird. Aber wie sieht es bei Versicherungspolizzen aus? Die AK hat bei 19 Versicherungen nachgefragt, ob und welche nachhaltigen Versicherungsprodukte sie anbieten. Über das Ergebnis informierten bei einem Pressegespräch die AK Konsument:innenexperten Gabriele Zgubic und Christian Prantner.
 

Eine AK Analyse bei 19 Versicherungen zeigt: Die Nachhaltigkeitsansätze variieren stark. „Grün“ sind Versicherungstarife meist bei Kfz-Polizzen, etwa Rabatte bei E-Fahrzeugen. Gebäudeversicherungen setzen oft auf Energieeffizienz und Ökobau mit „Zuckerln“.

Bei Sachversicherungen wird mitunter nachhaltiger Schadenersatz angeboten, wenn etwa reparieren statt wegwerfen gefördert wird. Die Analyse der 19 Websites zeigt: Es werden zwar Nachhaltigkeitsaktivitäten angepriesen, die sich in der Realität nicht in einer breiten ESG (Environmental, Social, Governance)-Tarifpalette widerspiegeln.

AK Studie „Nachhaltigkeit im Versicherungswesen“

Die AK hat im Herbst 2023 insgesamt 19 Versicherer in Österreich in Sachen nachhaltigen Versicherungstarifen kontaktiert (Fragebogen und persönliche Interviews). Es ging um nachhaltige Tarifangebote für Konsumentinnen mit Fokus auf Sach-, Personen- und Lebensversicherungen, die nach den drei zentralen ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) – also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung – konzipiert sind. An der AK Studie haben zehn Versicherer teilgenommen und den Fragebogen retourniert oder waren zu persönlichen Gesprächen bereit.  

Nachhaltige Versicherungsprodukte in Anfängen

Die AK Befragung zeigt: Die Nachhaltigkeitsansätze bei den österreichischen Versicherungsunternehmen variieren noch stark. Die Nachhaltigkeit, genauer gesagt ESG-Kriterien, lassen sich in Sach- und Personenversicherungstarifen bemessen. Die meisten nachhaltigen Versicherungstarife gibt es im Bereich von Kfz-Polizzen mit Förderung von E-Mobilität. Bei Gebäudeversicherungen liegt der Schwerpunkt auf Energieeffizienz und Ökobau. Versicherungstarife für erneuerbare Energien sind noch rar. 

Welche Versicherer nachhaltige Versicherungstarife anbieten

  • Allianz Versicherung: Die Allianz Versicherung bewirbt die Versicherung von E-Autos mit einem Rabatt von 25 Prozent (Screenshot Homepage 6.2.2024).
  • Wiener Städtische Versicherung: Die Wiener Städtische bewirbt – wie einige andere Versicherer auch – umweltfreundliche Fonds. 
  • Oberösterreichische Versicherung:  Die Oberösterreichische Versicherung bewirbt eine „Allgefahrenversicherung für Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energie“ (Screenshot vom Produktinformationsblatt) 

Sachversicherungen: Nachhaltiger Schadenersatz

Ein besonderes vielversprechender „Hebel“ bei Schaden- bzw. Sachversicherungen ist, dass im Schadenfall auf Nachhaltigkeitsansätze gesetzt wird. Das bedeutet: Die Schadenabwicklung wird im Leistungsfall an Nachhaltigkeitsaspekten ausgerichtet. Ein konkretes positives Beispiel für bereits existierenden oder geplanten nachhaltigen Schadenersatz ist, wenn Reparatur statt Neukauf von Elektrogeräten im Rahmen der Haushaltsversicherung gefördert wird.  

Verbindliche Bestimmungen nötig

„Es ist wünschenswert, dass die Versicherungen ihre Produktpalette in Sachen Nachhaltigkeit ausbauen“, schlägt Zgubic vor. „Die AK Studie zeigt, dass es vielversprechende Ansätze von ‚grünen‘ Versicherungspolizzen gibt, etwa in der Kfz- oder Gebäudeversicherung. Das Problem dabei – es fehlen verbindliche gesetzliche Definitionen für nachhaltige Versicherungstarife nach ESG-Kriterien.“ 

Die AK verlangt daher:

  • Verbindliche gesetzliche Bestimmungen für Nachhaltigkeit: Es sind verbindliche gesetzliche Definitionen für nachhaltige Versicherungstarife nach ESG-Kriterien nötig. Derzeit gibt es keine Definition, was eine „grüne“ oder ESG-konforme Versicherungspolizze ausmacht.  

  • Sachversicherungen – nachhaltigen Schadenersatz ausbauen: Bei den Schaden- bzw. Sachversicherungen sollten alle Aktivitäten rund um einen nachhaltigen Schadenersatz ausgebaut und forciert werden: Reparieren statt Materialien wegwerfen bzw. aufwendig tauschen, umweltfreundliche Materialien statt umweltschädlicher Materialien im Zuge von Reparaturen etc. lauten Leitlinien in dieser Richtung. 

  • Fondsgebundene Lebensversicherungen – Zertifizierung nach dem Umweltzeichen nutzen: Die Versicherer sollten die Zertifizierung nach dem Umweltzeichen verstärkt nutzen (wie insbesondere für UZ 49-zertifizierte Fondspolizzen). Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen können Konsument:innen auf Fonds vertrauen, die gemäß dem Österreichischen Umweltzeichen zertifiziert sind. 

  • Nachhaltigkeit nicht selbst definieren – gesetzliche Definition nötig: Die AK verlangt eine gesetzliche Festlegung von Mindestgrenzen für Nachhaltigkeitskriterien etwa in der EU-Offenlegungsverordnung. Denn derzeit ist es grundsätzlich möglich, dass Finanzprodukte in „hellgrün“/Artikel 8 oder „dunkelgrün“/Artikel 9 klassifiziert werden, in denen beispielsweise nur ein Prozent des Fondsvolumens als nachhaltig gemäß der Taxonomie angesehen wird. Denn welche Fonds als nachhaltig im Sinne der EU-Offenlegungsverordnung zu gelten haben, definieren die Finanzinstitute im ersten Schritt für sich selbst und unbeaufsichtigt. Das führt zu unterschiedlichen Einstufungen, weil klare Definitionen fehlen, was als nachhaltig im Sinne von Artikel 8 oder Artikel 9 zu gelten hat.

Was Kosument:innen nachfragen sollten – drei Tipps!

  • Nachhaltige Tarife nachfragen: Haben Sie Interesse an nachhaltigen Tarifen, dann fragen Sie bei den Versicherungen aktiv nach.
     
  • Rabatte nachfragen: Erkundigen Sie sich, ob es Rabatte gibt, wenn etwa nachhaltige Kfz-Versicherungsprämien angeboten werden

  • Nachhaltigen Schadenersatz nachfragen: Schadensgutmachung nach nachhaltigen Kriterien: Forciert der Versicherer Reparieren statt Wegwerfen oder Neukauf? Fördert der Versicherer den Ersatz eines Schadens (zum Beispiel Haushalt, Eigenheim) durch umweltfreundliche Materialien?

Kontakt

  • © 2024 Bundesarbeitskammer | Prinz-Eugen-Straße 20-22 1040 Wien, +43 1 501 65

  • Impressum
  • Datenschutz