Datengierige Apps - gläserne NutzerInnen
Smartphones und Tablet-Computer sind eng mit ihren Besitzern verbunden und fast wie ein offenes Buch. Eine Studie des Instituts für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften im Auftrag der AK zeigt: Durch Geodaten wie GPS-Koordinaten oder WLAN-Zugangspunkte können der Geräte-Standort und damit die Wege des Nutzers von Datensammlern verfolgt (getracked) werden. Besonders von Apps geht zunehmend eine Sammelwut aus. Apps fungieren häufig als „Fassaden“ und verschleiern den eigentlichen Zweck: nämlich das Datensammeln. Mit den App-Anbietern sind oft auch Werbefirmen verbunden, die so zu vielen Daten kommen.
Reger Datenhandel - fehlender Datenschutz
Die Daten sind wahre Goldgruben. Es gibt einen regen  Datenhandel. Die App-Anbieter verkaufen sie um gutes Geld an Werbefirmen. Die  nutzen sie rege. Und der Konsument: Der weiß meist gar nicht, wie ihm geschieht  – die Datenübertragung ist intransparent. Der Konsument wird gläsern.  Datenschutzregeln und Privatsphäre werden oft missachtet – App-Entwickler und  Gerätehersteller putzen sich oft ab.
Forderung
KonsumentInnen brauchen mehr Schutz. Einerseits müssen die Anbieter von  Geräten und Apps besser informieren. Außerdem sollten zuverlässige  Schutzprogramme am Handy installiert sein. Anderseits braucht es  EU-weite Standards für datenhungrige App-Sammler sowie Maßnahmen gegen  Verstöße.
Wo bist du? Frag das Telefon!
Die AK hat beim Institut für Technikfolgen-Abschätzung der  Österreichischen Akademie für Wissenschaften eine Studie in Auftrag gegeben:  „Aktuelle Fragen der Geodaten-Nutzung auf mobilen Geräten“. Sie warnt vor den  Überwachungsrisiken durch datenhungrige Apps. Denn mit Hilfe von Geodaten wie  GPS-Koordinaten oder WLAN-Zugangspunkten können der Standort und damit die Wege  des Nutzers von verschiedenen Datensammlern verfolgt werden.
Geodaten kommen KonsumentInnen auf die „Schliche“
Um die Position zu ermitteln, werden Datenbanken (etwa von  Anbietern wie Skyhook oder Navizon) herangezogen. Der Sensor des Smartphones  stellt fest, welche UMTS-Mobilfunkzellen und WLAN-Punkte in seiner Umgebung  sind, übermittelt diese Info an den Datenbankbetreiber und bekommt die  Standortdaten: nämlich Längen- und Breitengrad, Postleitzahl (Bezirk bzw.  Ortsteil, Stadt, Bundesland, Staat), Straße und Hausnummer. Auch genaue  Zeitangaben und Bewegungsprofile (Tracking; Geschwindigkeitsmessung) sind durch  wiederholtes Messen möglich. So zum Beispiel für Notfalls- oder Geofencing-Apps,  bei denen ein Alarm ausgelöst wird, zum Beispiel bei Autounfällen oder sobald  Personen oder Gegenstände einen abgesteckten Umkreis verlassen.
Zwischen Nutzen und Verlust der persönlichen Freiheit
Die sogenannten Geodaten werden etwa für Navifunktionen  gebraucht oder Social Networks verknüpfen Geodaten mit weiteren Angaben – etwa  Flickr verknüpft Fotos mit Geodaten oder für den Notfall helfen Geodaten den  Einsatzkräften, schnell an eine bestimmte Adresse zu kommen, und, und, ... Neben  den Smartphone-Herstellern und Telekom-Anbietern werden Geodaten auch von  App-Produzenten selbst gespeichert und/oder an Dritte übermittelt. All diese  Services zeigen den Spagat zwischen Nutzen und dem Verlust persönlicher  Freiheit.
Apps als Datensammler
Apps sind sehr oft als Datensammler tätig. Abgesehen von  den Standortdaten haben Apps häufig Zugriff auf die Gerätekennung, E-Mail- und  Telefonkontakte, SIM-Kartennummer, die sie mitunter ohne nähere Information der  NutzerInnen an Anbieter von Analysediensten übermitteln. Ausspionierbar sind  grundsätzlich alle „Datenschätze“ des Smartphones: gespeicherte Adressdaten,  Erinnerungsfotos und die gesamte Kommunikation über das Telefon.
Apps als Datenverkäufer
Die datenhungrigen Apps geben Daten zum Beispiel an  unzählige Werbenetzwerke weiter, oft ohne die UserInnen darüber zu informieren.  Die „smarten“ Geräte lassen sich ziemlich exakt einer Person zuordnen und sind  für Werbetreibende ideal, Verhaltensprofile anzulegen. Vor allem Gratis-Apps  fungieren oft als „Fassaden“, die den eigentlichen Zweck – das Datensammeln –  verschleiern sollen. So zum Beispiel „Paper Toss“, ein simples Spiel, das  Geodaten nicht benötigt, überträgt den Standort gemeinsam mit der Telefon-ID an  fünf internationale Werbenetzwerke.
Schwierig: Datenschutzrechte durchsetzen
Viele Menschen sind sich nicht bewusst, dass Daten  übertragen werden und welche Folgen das hat. Sie brauchen mehr Schutz, fordert  die AK. Die international tätigen Gerätehersteller und App-(Shop)-Anbieter  müssen mehr Verantwortung für einen zeitgemäßen Datenschutz übernehmen. Es ist  auch extrem schwierig, Datenschutzrechte durchzusetzen. Denn die Anbieter sitzen  oft irgendwo in Übersee.
Gläserne KonsumentInnen
Werbenetzwerke bieten App-Herstellern Software-Zusätze an,  die Werbung automatisch in Apps integrieren. Diese Module verfolgen neben den  Standortdaten etwa auch die Zeitspanne, die KundInnen mit einer App verbringen.  
Tatsächlich handelt es sich um eine subtile Form der Überwachung für mehr  oder weniger nützliche Service- und Werbezwecke. Wegen des verspielten  Charakters von Apps empfinden Konsumenten die Datensammlung nicht als Kontrolle  und sind bereit, Vieles über sich preiszugeben.
Eine wachsende Branche  beschäftigt sich damit, Profile von Handy-NutzerInnen mit anderen Datensätzen zu  verknüpfen. Den Sammlern geht es vor allem um das Aufbereiten, Zusammenführen,  Analysieren und Weiterverkaufen zusätzlicher Daten für Marketingzwecke. Die  Verwendungszwecke der gesammelten Daten sind nur mehr schwer eingrenzbar – ein  reger Datenhandel mit Drittanbietern ist inzwischen gängige Praxis.
Wer mit wem
Eines der größten Werbenetzwerke ist das von Google 2010  aufgekaufte AdMob, das man neben den beiden großen Plattformen iOS und Android  auch auf webOS und Windows Phone 7 findet. AdMob sammelt auch besonders viele  Datenkategorien. So erklärt AdMob in seinen Datenschutzbestimmungen, dass auch  Geodaten, Telefon-IDs und, wenn vom Netzbetreiber übermittelt, die  Telefonnummern erfasst werden. NutzerInnen müssen also damit rechnen, dass Apps,  die AdMob verwenden, konkrete personenbezogene Daten übermitteln.
Die  Firma Mobclix verbindet wiederum Werbetreibende mit App-Produzenten. Es wird die  ID von Telefonen erhoben und nach Kriterien wie zum Beispiel welche Apps  Personen herunterladen, wie viel Zeit sie mit einer App verbringen, etc. den  verschiedenen Interessengruppen zugeordnet.
Apps auf Smartphones haben  unterschiedliche Möglichkeiten, Geodaten zu verarbeiten. Apps können auf die von  WLAN-, UMTS- und GPS-Empfängern produzierten Daten entweder nur dann zugreifen,  wenn das Programm läuft und die Datenabfrage zur Erbringung des gewünschten  Services nötig ist, oder immer wenn sie vom User gestartet werden, oder  permanent, indem ein Modul der App im Hintergrund läuft und die Daten erfasst.
Houston – haben wir ein Problem?
Die Shop-Betreiber – Apple, Google & Co – sehen das  Datenschutzproblem rund um ihr App-Angebot eher gelassen. So prüft Google die  Apps in der Regel nicht und meint, die App-Produzenten tragen selbst die  Verantwortung für den Umgang mit Nutzerinformationen. Wenn ein Konsument sich  beschwert, werden einzelne Apps geprüft und gegebenenfalls aus dem Sortiment  rausgenommen.
Apple hat einen restriktiveren Umgang mit Apps. Auch wenn  Apple angibt, eine Prüfung der von Entwicklern hochgeladenen Programme  vorzunehmen, findet diese aufgrund der großen Anzahl nicht gründlich genug  statt.
Untersuchungen über Apps zeigen: Mehr als die Hälfte der  getesteten Apps übertrugen etwa die Telefon-ID. Als zweithäufigste  Datenkategorie werden die verschiedenen Formen von Standortdaten übertragen  (GPS-Daten, aber zum Beispiel auch die Postleitzahl). Vor allem kostenlose Apps  sind rege Datenübermittler – sie kontaktieren einen oder mehrere Server von  Werbenetzwerken. Bei vielen Apps ist auf den ersten Blick nicht klar, wozu sie  diese Daten brauchen.
Gefordert: Bessere Infos & mehr Transparenz
Es kann nicht sein, dass sich jeder Konsument technisch und rechtlich befasst, wie Apps funktionieren, welche Daten sie verarbeiten und übermitteln. Die Nutzer haben zu wenig Fachkenntnis und Transparenz darüber, wie ihre Daten weiterverwendet werden, wo sie gespeichert werden, wer darauf Zugriff hat, und wie damit Geld gemacht wird. Konkret fordert die AK:
1. Handy- und App-Anbieter müssen mehr Konsumentenschutz gewährleisten
 
- Endgeräte, die die Privatsphäre schützen
Es fehlen privatsphären-freundliche Endgeräte am Smartphone-Markt. Die Überwachungsmöglichkeiten müssen bereits am Handy unterbunden werden können. Zarte Anfänge gibt es, etwa aSpotCat, die installierte Apps nach den erteilten Rechten sortiert und so Überblick und Kontrolle fördert. - Gütesiegel für Apps
„Konsumentenfreundliche“ App-Programmierer sollten sich dem Europäischen Datenschutzgütesiegel unterwerfen und das als Qualitätsmerkmal bewerben (EuroPriSe – European Privacy Seal). - Bessere Informationen
Die App-Anbieter und Datensammler müssen wesentlich besser über den Zweck der Datenverarbeitung informieren, über Dauer, Umfang und Typ der verwendeten Daten. Sie müssen auch die Betroffenen aufklären, wie sie ihre Rechte auf Auskunft, Richtigstellung und Löschung ihrer Daten geltend machen können. 
2. Klare Gesetze auf EU-Ebene
 
- EU-weit einheitliche Regeln für datenhungrige Apps
Es gibt Datenschutzregeln, aber sie müssen erweitert werden. Aufgrund des mangelhaften Daten- und Verbraucherschutzes bei Geodaten-Diensten, Apps, … braucht es EU-weite einheitliche Standards zum Schutz für VerbraucherInnen vor datengierigen Handy-Apps, zum Beispiel verlässliche Methoden, den Zugriff zu unterbinden. Smartphones können Apps – während ihrer Installation – meist nur pauschal den Datenzugriff verbieten. Die NutzerInnen sollen frei entscheiden können, ob und wann welche Daten zugänglich gemacht und an wen übermittelt werden. Generell fehlen Möglichkeiten, Datenspuren nachträglich zu beseitigen. - Regeln für Anbieter
Es sind rechtliche Vorgaben für Geräteanbieter aufgrund der völlig fehlenden Transparenz der Datenverarbeitungsprozesse nötig. Wer etwa technisch nicht so kundig ist, für den sollten verständliche Infos leicht zugänglich sein. Es sollte eine stets sichtbare Funktion am Handy angeboten werden, die darüber informiert, sobald Standortdaten verarbeitet werden. - Neue Wege bei der Rechtsdurchsetzung:
Angesichts millionenfacher Apps und einigen wenigen internationalen Geräte- und App-Shop-Anbietern ist eine enge Zusammenarbeit zwischen nationalen Datenschutzbehörden und der EU-Kommission nötig, um europäische Datenschutzstandards durchzusetzen. 
Tipp
- Installieren Sie nur Apps aus  vertrauenswürdigen Quellen. Lesen Sie vorher die Bewertungen (etwa im  App-Shop und in Internet-Foren) durch.
 -  Kontrollieren Sie bei der Installation der App die  Zugriffsberechtigungen. Das finden Sie meist unter Einstellungen. Bei  Android-Handys kann das gemacht werden, bevor Sie auf “Installieren”  klicken, ebenso bei Apple Geräten. Danach können über den Menüpunkt  Einstellungen, zum Beispiel Ortungsdienste deaktiviert werden.  Installieren Sie eine App lieber nicht, die offensichtlich zu viele  Berechtigungen für den Funktionsumfang fordert.
 -  Seien Sie bei Gratis-Apps besonders vorsichtig. Klicken Sie Werbelinks nicht an.
 - Vorsicht, wenn Kinder mit dem Gerät spielen!  Datendienste können Sie am Handy seit Mai kostenlos sperren. So  schließen Sie auch einen Missbrauch durch Apps aus.
 - Löschen Sie Apps, die Sie nicht mehr brauchen! So können sie auch im Hintergrund keine unerwünschten Daten mehr übertragen.
 
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