
Kostenfalle Schleichwerbung auf TikTok
Schleichwerbung auf TikTok als Kostenfalle – eine Studie des ÖIAT im Auftrag der AK Wien ortet gravierende Mängel, wenn es um kommerzielle Inhalte geht. Fehlende Transparenz bei der virtuellen Währung von TikTok und glücksspielähnliche Praktiken im Live-Stream werden als Kostenfallen kritisiert. Jugendliche werden auf TikTok nicht hinreichend geschützt.
Fehlende Kennzeichnung von Werbung
Werbeinhalte müssen als solche erkenntlich sein – doch auf TikTok ist es gängige Praxis kommerzielle Inhalte unzureichend oder gar nicht zu kennzeichnen – und so bleibt der werbliche Charakter vieler Inhalte verborgen.
AK Konsument:innenschützerin Louise Beltzung: „TikTok schützt Minderjährige nicht ausreichend vor Kostenfallen. Betrügerische Werbung, Werbung, die als solche nicht zu erkennen ist, und die mangelhafte Alterskontrolle bringt Kinder und Jugendliche immer wieder in problematische Situationen“.
Kurzvideos werden oft nicht als Werbung gekennzeichnet
Dazu kommt, dass sich auf TikTok eine problematische Praxis bei Unternehmen eingeschlichen hat. Um präsent zu sein, betreiben sie eigene Accounts, auf denen sie Kurzvideos veröffentlichen. Doch diese Inhalte werden von ihnen nicht als Werbung gekennzeichnet – auch TikTok greift hier nicht ein.
Geben Unternehmen jedoch Tipps und Information zu ihren Produkten weiter, handelt es sich um Werbung für das eigene Unternehmen. Diese „redaktionellen“ Kurzvideos sind als Marketingkommunikation einzuordnen und sollten klar von Kurzvideos abzugrenzen sein, die private User:innen in ihrer Freizeit erstellen.
Targeting von Minderjährigen
Laut Digital Services Act (DSA) dürfen Minderjährige nicht über die Nutzung personenbezogener Daten als Zielgruppe von Werbung angegeben werden. Zusätzlich sollte die Plattform Maßnahmen zum Schutz von Minderjährigen treffen.
Doch die vorliegende Studie zeigt, dass es kein Targeting von Minderjährigen braucht, um sie zu erreichen. Dies gelingt durch Angabe „keiner Zielgruppe“ sowie auch über Einordnung ihrer Interessen. Die Adressierung von Minderjährigen bei Werbung auf TikTok erfolgt ohne Nutzung von personenbezogenen Daten
Querfinanzierung von Werbung
Auf TikTok können auch Videoclips anderer beworben werden, sofern das eigene Konto öffentlich ist. Sowohl redaktionelle Kurzvideos als auch Anzeigen können mit nur zwei Klicks weiter gepusht werden. Als Ziel angegeben werden können „mehr Videoaufrufe“, „mehr Follower“ oder „mehr Profilaufrufe“ – einzige Hürde ist, dass daraufhin um eine Autorisierung beim Kontoinhaber angefragt wird.
Das wirft erhebliche Transparenzprobleme auf. Diese Funktion, die es User:innen erlaubt, Inhalte zu monetarisieren oder ihre Reichweite durch gezielte Werbekampagnen zu erhöhen, ohne dass die ursprüngliche Kennzeichnung angepasst wird, verstärkt die Intransparenz. Besonders problematisch ist, dass bereits gekennzeichnete Anzeigen erneut beworben werden können, wodurch der Eindruck entstehen könnte, dass diese Inhalte organisch viral gehen, obwohl sie in Wahrheit durch zusätzliche Werbebudgets unterstützt werden.
Ein weiterer Kritikpunkt: der Maximalbetrag, den man für die Bewerbung eines einzelnen Videos ausgeben kann, betrug in einem Selbstexperiment 50.847,45 Euro. Ein erheblicher Betrag, der weit über den 15.000 Euro Grenzbetrag hinausgeht, ab dem es verpflichtend ist, dass sich Kunden mittels Identitätsnachweises identifizieren, die eine Transaktion in dieser Höhe durchführen. Im Falle von TikTok, wird in keinem Schritt bei der Bewerbung von Inhalten Dritter ein Identitätsnachweis verlangt.
Marktplatz und Gaming-Plattform zugleich?
Die Transformation von TikTok als ein soziales Netzwerk zu einem Marktplatz ist bereits in vollem Gange. In vielen Ländern außerhalb der EU können Produkte über TikTok-Videos, Livestreams oder Produkt-Showcases beworben und direkt verkauft werden.
Unternehmen können eigene Shops betreiben und User:innen können direkt in TikTok den Kauf und die Bezahlung eines Produktes abwickeln, ohne auf externe Services oder Anbieter wechseln zu müssen. Doch auch vor Freischaltung dieser Funktionen ist TikTok längst mehr als eine Kurzvideoplattform.
Die Plattform verfügt über eine eigene (virtuelle) Währung („TikTok-Coins“), mit der:die User:in in Live-Streams zahlen und Abonnements abschließen können. Beim Abonnieren von Influencer:innen werden Vorteile freigeschaltet, insbesondere in Live-Streams erhalten User:innen zum Beispiel Abzeichen oder zusätzliche Chat-Funktionen. TikTok behält dabei einen Anteil an den Abonnementgebühren ein.
Kostenfalle Challenges
TikTok-Coins kommen auch in so genannten „Challenges“ zum Einsatz. Dabei werden im TikTok-Livestream zwei Videos nebeneinander angezeigt. Die Zuseher:innen unterstützen ihre:n Favoriten oder Favoritin mit „Geschenken“ – Emojis, die mit TikTok-Coins gekauft werden. Wer die meisten Geschenke erhält, gewinnt. Diese Wettbewerbe können von TikTok selbst, von Unternehmen oder von Content-Creators initiiert werden.
Diese Challenges werden rasch zu einer Kostenfalle: Durch den Zeitdruck, den sozialen Druck und die unklaren Wertangaben der Geschenke, kann man rasch den Überblick über Ausgaben verlieren.
Reine Geldwetten
Noch bedenklicher ist, dass es sich teilweise um reine Geldwetten handelt. Zwei User lancieren eine Challenge – sie tun nichts Besonderes, außer zu warten wer von den zufällig hinzukommenden Zuseher:innen die meisten „Geschenke“ erhält.
„Glücksspielartige Challenges auf TikTok-Live sind ein riesiges Problem – Minderjährige sollten nicht in solche Fallen tappen können. Es ist dringend auch hier nachzubessern“, bekräftigt die AK Konsumentenschützer:in Louise Beltzung.
Keine wirksame Alterskontrolle
In der Praxis der Beratung durch die AK Wien zeigt sich außerdem: Obwohl laut TikTok-Richtlinien der Erwerb solcher Geschenke erst ab 18 Jahren erlaubt ist, findet beim Kauf der virtuellen Währung keine wirksame Alterskontrolle statt. Regelmäßig tappen Minderjährige in diese Kostenfalle.
Es braucht eine einheitliche Preisgestaltung!
TikTok-Coins können im Web-Browser und am Smartphone (mobil) gekauft werden. Hier zeigen sich die gleichen Probleme wie bei vielen anderen In-Game-Währungen: Die Preise für Coins sind mobil deutlich höher als im Web.
Gleichzeitig wird die Vergleichbarkeit absichtlich erschwert, indem Coins in jeweils anderen Paketgrößen angeboten werden. TikToks virtuelles Währungssystem ist völlig intransparent auch hinsichtlich einer Vergleichbarkeit mit realen Währungen. Hohe Gebühren und undurchsichtige Umrechnungsmechanismen benachteiligen sowohl Creators als auch Konsument:innen.
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