Vertragsüberprüfung
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Klauseln in der Rechts­schutz­ver­sich­er­ung

Die Arbeiterkammer (AK) hat in einem Verbandsprozess eine Rechtsschutz-Versicherung wegen fünf branchen­üblicher Versicherungsklauseln geklagt.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) gibt der AK jetzt Recht und er­kennt alle fünf bekämpften Klauseln für unzulässig. Für un­wirk­sam erkannt wurde beispielsweise eine Klausel, die bei der Kündigung im Schadensfall der Rechtsschutzversicherung ein de facto unbeschränktes Kündigungsrecht einräumt, dem Versicherungsnehmer hingegen nur ein sehr ein­ge­schränkt­es. Weiters wurde zur Zahlscheingebühr geklärt, dass es für Versicherungen keine Ausnahmeregelung gibt.

Versicherungsanfragen sind ein Dauerthema in der Kon­sum­ent­en­be­rat­ung der Arbeiterkammer. Ausgangspunkt vieler Anfragen sind die Versicherungs-Bedingungen. Diese ent­halt­en eine Vielzahl von Leistungsausschlüssen und sonstigen Tück­en und sind aufgrund ihres Umfangs und ihrer Kom­ple­xi­tät für Konsumenten kaum lesbar und nur schwer ver­ständ­lich. Dies gilt insbesondere auch für die Bedingungen von Rechtsschutzversicherungen. Bisher hat der OGH Ver­sich­er­ungs­klauseln nur selten als gesetzwidrig erkannt. Mit dem aktuellen Urteil erkennt der Oberste Gerichtshof alle fünf von der AK bekämpften und in Allgemeinen Rechts­schutz­ver­sich­er­ungs­be­ding­ung­en üblichen Klauseln für ge­setz­widrig.

Konkret wurden folgende Klauseln vom OGH für un­zu­lässig erkannt:

Kündigung im Schadensfall

Die Versicherungsbedingungen sehen in der Regel vor, dass Versicherer den Versicherungsnehmer im Schadensfall „zum Schutz der Versichertengemeinschaft vor über­durch­schnitt­lich­er oder ungerechtfertigter Inanspruchnahme der Ver­sich­er­ung“ kündigen können. Der OGH beurteilte diese Klausel mangels Objektivierbarkeit der Kriterien als gröblich be­nach­teilig­end. Damit wird die Kündigung ins freie Ermessen der Ver­sich­er­ung gestellt und dieser die Möglichkeit eingeräumt, Prämien während eines beliebig langen Zeitraums zu lu­k­rie­ren und beim ersten Schadensfall den Ver­sich­er­ungs­ver­trag zu kündigen.

Eine sachliche Rechtfertigung für eine solche Klausel ist laut OGH jedenfalls dann nicht gegeben, wenn – wie in vor­lieg­en­der Klausel - dem Versicherungsnehmer im Schadensfall nur ein beschränktes Kündigungsrecht zusteht (beispielsweise dann, wenn der Versicherer im Schadensfall eine Leistung zu Unrecht verweigert). Durch die OGH Entscheidung ist klar ge­stellt, dass Kündigungen der Versicherungen, die aufgrund solcher Klauseln erfolgen, rechtswidrig sind.

Dauerrabatt

Die Regelung, wonach der Versicherer bei vorzeitiger Be­end­ig­ung des Vertrages wegen Wegfalls des versicherten Ri­si­kos berechtigt sein soll, „die für die längere Vertragsdauer“ ein­ge­räumt­en Prämiennachlässe (Dauerrabatt) nach zu ver­rech­nen, beurteilte der OGH ebenfalls als gröblich be­nach­teilig­end. Denn nach der Klausel könne der Versicherer den ge­samt­en bisher gewährten Prämiennachlass nach­ver­rech­nen, ohne darauf Bedacht nehmen zu müssen, ob der Ver­sich­er­ungs­nehm­er unter Berücksichtigung der tatsächlichen Lauf­zeit nicht auch einen Prämiennachlass (gleicher oder ge­ring­er­er Höhe) er­halt­en hätte.

Nachhaftungsklausel

In der Klausel wird die Frist zur Geltendmachung eines Deck­ungs­an­spruchs auf zwei Jahre nach Beendigung des Ver­sich­er­ungs­ver­trags beschränkt, und zwar unabhängig davon, wann der Versicherungsnehmer Kenntnis vom Eintritt des Ver­sich­er­ungs­falls erlangt. Laut OGH ist die Klausel un­ge­wöhn­lich und überraschend, weil der Anspruch auf Deckung nach Ablauf der zweijährigen Frist selbst dann erlischt, wenn der Versicherungs-nehmer erst nach Ablauf der zwei Jahre Kenntnis vom Versicherungsfall erlangt hat und unverzüglich nach Kenntnis vom Versicherungsfall eine Schadensanzeige erstattet.

Bestätigung des Versicherungsschutzes

Auch eine Klausel, wonach die Rechtsschutzversicherung Kosten erst ab Bestätigung des Versicherungsschutzes (oder für bestimmte notwendige Maßnahmen 6 Wochen davor) übernimmt, hat der OGH als gröblich benachteiligend und intransparent beurteilt. Der Versicherung stehe es nach der Klausel frei, den Zeitpunkt der Bestätigung des Ver­sich­er­ungs­schutz­es selbst zu wählen und damit zu bestimmen, welche Kosten gedeckt sind. Dafür gäbe es aber keine sach­liche Rechtfertigung.

Schiedsgutachterverfahren

Ist strittig, ob der Versicherungsnehmer einen Deck­ungs­an­spruch gegenüber der Versicherung hat, so entscheidet da­rüb­er ein Schiedsrichter. Die Versicherungsverträge müssen vertragliche Regelungen enthalten, dass der Ver­sich­er­ungs­nehm­er ein Schiedsgutachterverfahren in Anspruch nehmen kann. Die bekämpfte Klausel hatte Versicherungsnehmer für die Beantragung des Verfahrens und die Benennung eines Rechts­an­walt­es für das Verfahren nur 14 Tage nach Erhalt der Deckungsablehnung Zeit.

Der OGH hält die vorgesehene Frist von 14 Tagen für einen Verbraucher selbst dann als zu kurz bemessen, wenn auch der Versicherer nicht länger Zeit dafür hat. Denn während der Versicherer täglich mit Rechtsfällen konfrontiert ist, wird der durchschnittliche Verbraucher meist keinen Rechtsanwalt an der Hand haben und bedarf daher einer umfassenden Be­ratung und Zeit, um die Sach- und Rechtslage zu erwägen. Die Klausel ist aufgrund der kurzen Frist gröblich be­nach­teil­ig­end.

Zahlscheingebühr

Der Oberste Gerichtshof hat - nach einem positiven Urteil des Europäischen Gerichtshofes - im Vorjahr nun endgültig klargestellt, dass die Erhebung von Sonderentgelten für die Bezahlung mit Zahlschein, Onlinebanking oder Kreditkarte un­zu­lässig ist. Das Verbot gilt für alle Zahlungen ab 1.11.2009. Die Versicherungen müssen nun zu viel bezahlte Entgelte zurückzahlen.

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