7 Fragen 7 Antworten zum AK-Chancen-Index
Warum die österreichischen Bildungspolitiker:innen dringend handeln müssen, damit die Teilnahme am Bildungssystem für alle in Österreich möglich wird.
Brauchen wir einen AK-Chancen-Index?
Es handelt sich um ein neues Modell der Schulfinanzierung, um das Lernumfeld der Schule an die Bedürfnisse und Herausforderungen von Schüler:innen anzupassen. Der AK-Chancen-Index beschreibt, unter welchen Bedingungen jede einzelne Schule arbeitet und welche zusätzlichen Mittel sie dementsprechend braucht, um allen Schüler:innen eine faire Chance zu geben. Sein Grundprinzip ist eine solide Basisfinanzierung für alle Standorte. Dabei werden z.B. die Anzahl der Schüler:innen oder die im Lehrplan vorgesehenen Unterrichtsstunden pro Schulstufe berücksichtigt. Für Schulen mit größeren Herausforderungen gibt es dann zusätzliche Mittel.
Der AK-Chancen-Index beschreibt den Grad der Herausforderungen an einer Schule auf einer Skala von 1 bis 7. Je höher die Indexstufe, desto mehr zusätzliche Ressourcen erhalten Schulen. Unterschiedliche Herausforderungen brauchen unterschiedliche Lösungen. Schulen können mit dem zusätzlichen Budget, dass sie über den AK-Chancen-Index erhalten, ihre individuelle Schulentwicklung fördern und je nach Bedarf mehr Lehrer:innen, Schulpsycholog:innen oder Sozialarbeiter:innen anstellen. Oder in Fortbildungen, andere Projekte für mehr Bildungsgerechtigkeit und Schulentwicklung insgesamt investieren.
Wird manchen Schulen etwas weggenommen?
Nein. Die im AK-Chancen-Index vorgesehenen Basismittel entsprechen ziemlich genau dem Budget, das Schulen auch heute schon bekommen. Zusätzlich bekommen Schulen dann noch anteilig – je nachdem, wie schwierig die Lage an der Schule ist – zusätzliches Budget über den AK-Chancen-Index zugeteilt.
Dabei zeigen Berechnungen der AK-Wien/Statistik Austria, dass es beispielweise in Österreich kaum Volksschulen gibt, die keine Herausforderungen haben (das sind weniger als 1%). Das heißt also: So gut wie alle Volksschulen in Österreich würden vom AK-Chancen-Index Modell profitieren – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß je nach Bedürfnis.
Was würde ein AK-Chance-Index für Österreich kosten?
Fakt ist: Das, was wir heute von einer Schule und ihren Schüler:innen erwarten (erreichen von Lernzielen, aber auch die zusätzlichen Kompetenzen, die heute gefragt sind) sind mit den finanziellen Mitteln von gestern nicht mehr erreichbar - vor allem nicht an Schulen in kritischer Lage.
Die Einführung eines flächendeckenden AK-Chancen-Index ist daher dringend notwendig. Für den Ausgleich von Herausforderungen unter Pflichtschulen würde es laut AK-Berechnungen rd. 300 Mio € pro Jahr benötigen (176 Mio € für Volksschulen; 132 Mio € für Mittelschulen). Dabei muss es sich um zusätzliche finanzielle Mittel vom Bund handeln, denn der zusätzliche Bedarf kann nicht aus dem bestehenden System heraus finanziert werden.
Warum ist Schulentwicklung so wichtig?
Entscheidend ist, dass zusätzliche finanzielle Mittel vom Bund immer dort eingesetzt werden sollen, wo Bedarf besteht und nicht ohne Anforderungen an Qualitätssteigerung vergeben werden. Nur so kann mittelfristig eine Verbesserung der Lernleistungen von SchülerInnen gewährleistet werden.
Internationale Forschungen über Schulen, die einen „Turn-around“ geschafft haben, streichen drei wichtige Dimensionen heraus, an denen Schulentwicklung ansetzen sollte: Vision, Kultur und Struktur. Vision bedeutet das Definieren von Zielen für einen Schulstandort, wie beispielsweise das Erreichen einer „Guten Bildung für alle“. Damit Visionen auch machbar bleiben und die gesetzten Ziele erreicht werden können, sind Strukturen entscheidend. Dazu zählt beispielsweise der systematische Aufbau von Lehrkräften und des Führungspersonals (Coaching, Weiterbildung, Management) oder auch die Nutzung von empirischer Evidenz zur Weiterentwicklung des Schulstandortes.
Visionen und Strukturen prägen dann auch den Bereich der Schulkultur, in der beispielweise das Selbstvertrauen der eigenen Lehrer:innen gesteigert wird, methodisch vielfältige Zugänge entwickelt werden und sich eine Eigenverantwortlichkeit der Schulen herausbildet. Schulentwicklung braucht aber auch Zeit, um Reformprozesse nachhaltig aufzusetzen. Deshalb müssen finanzielle Mittel für Schulstandorte langfristig zur Verfügung stehen, um die Wirksamkeit von aktiver Schulentwicklung – unter Berücksichtigung von gezielter Evaluierung – sicherzustellen.
Bringt der AK-Chancen-Index etwas?
Ja. Internationale Reformprojekte zur Förderung von Schulen in kritischer Lage, wie die „London Challenge“ oder auch das deutsche Aktionsprogramm „Schule macht sich stark (SMS)“ in Bremen haben bewiesen: über zusätzliche finanzielle Ressourcen und eine effektive Schulentwicklung lassen sich an Schulstandorten bessere Lernumgebungen gestalten, die nachweisbar den schulische Erfolg von Schüler:innen erhöhen - vor allem für jene Jugendliche, denen die Lernunterstützung zu Hause fehlt.
Aber auch die Schulen selbst entwickeln sich weiter und zeigen heute mehr Methodenvarianz, mehr Teamarbeit oder erhöhte Verantwortungsübernahme unter Schulleiter:innen und Lehrer:innen. Aspekte, die eine moderne und chancengerechte Schule ausmachen.
Wer unterstützt den AK-Chancen-Index?
Eigentlich fast alle. Die Fachwelt ist sich beispielweise einig, dass es einen Chancen-Index für Österreich braucht. Erst 2019 haben renommierte Bildungswissenschaftler:innen in ihren Handlungsempfehlungen an die österreichische Bildungspolitik die Einführung eines Chancen-Index an erste Stelle gestellt.
Viel Zuspruch kommt auch von Organisationen aus dem Bildungsbereich, wie beispielweise Bildung.Grenzenlos oder der Armutskonferenz. Aber auch Umfragen unter Eltern bzw. Bevölkerung zeigen stets eine sehr hohe Zustimmung. Im Sozialbarometer der Volkshilfe (2019) waren beispielsweise 9 von 10 Befragten eher oder sehr dafür, einen Chancen-Index in Österreich einzuführen.