Krimi um Unternehmen von Martin Ho – die zweite Staffel
Im Dezember 2023 hat die AK bereits auf dubiose Vorgänge rund um die Dots-Gruppe von Martin Ho aufmerksam gemacht. Die AK ist auf weitere Ungereimtheiten gestoßen, verhilft den betroffenen Beschäftigten zu ihrem Recht und hat auch Strafanzeige erstattet. Dazu informiert Sie: Ludwig Dvořák, Bereichsleiter Arbeitsrechtliche Beratung und Rechtsschutz, AK Wien:
Dubiose Vorgänge um Martin Hos Dots-Gruppe
AK Jurist:innen hatten 2023 fragwürdige Änderungen in der Gesellschafter- und Geschäftsführerstruktur einiger Dots-Gesellschaften entdeckt: „Dots“ wurde aus dem Firmennamen gestrichen, Eigentümer und Geschäftsführer gewechselt.
Mittlerweile sind alle diese Unternehmen (Bao Lynn Flowers GmbH vormals Dots Nussdorf GmbH; Rixi Seven Personalverwaltung GmbH vormals Dots Establishment GmbH; Rixi One Personalverwaltung GmbH vormals Dots at The Leo Grand GmbH) insolvent. Die betroffenen Beschäftigten warten seit Monaten auf ihr Geld.
Aktuell vertritt die AK 44 Arbeitnehmer:innen, die nach dem Betriebsübergang von der Rixi One und der Rixi Seven jetzt bei der HG Operating weiterbeschäftigt waren oder sind. Es geht um offene Forderungen von rund 240.000 Euro. Außerdem hat die AK eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft eingebracht.
AK deckt „Betriebsübergang“ auf
Die meisten Arbeitnehmer:innen, die bei den mittlerweile insolventen Unternehmen angestellt waren, wurden von einer anderen Dots-Gesellschaft übernommen – der HG Operating GmbH (vormals Ho Gallery).
Gesellschafterin der HG Operating ist die Dots Beteiligung Gmbh und an dieser hält Martin Ho noch Anteile von 49 Prozent.
Für die Beschäftigten änderte sich nach der Übernahme praktisch nichts: Dienstort und Einsatzbereich blieben weitgehend gleich. Über die Website der Dots-Gruppe kann man weiterhin einen Tisch im Restaurant des Leo Grand Hotels oder im Lokal auf der Mariahilfer Straße reservieren. Die Speisekarten wurde nicht überarbeitet, der Außenauftritt ist unverändert und es gab keinen einzigen Schließtag. Kurz gesagt: Weder für die Arbeitnehmer:innen noch für die Gäste ist irgendeine Umstellung wahrnehmbar.
Damit liegt ein sogenannter Betriebsübergang vor: Bei einem Betriebsübergang übernimmt der neue Arbeitgeber die Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten – also auch offene Löhne sowie ausständiges Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die Dots-Gruppe hatte offenbar darauf spekuliert, dass der Insolvenzentgeltfonds die offenen Entgelte bezahlt. Bei einem Betriebsübergang, wie ihn die Arbeiterkammer aufgedeckt hat, ist das jedoch nicht der Fall. Die Arbeitnehmer:innen, die vorher für Rixi Seven oder Rixi One tätig waren und jetzt bei der HG Operating beschäftigt sind, hängen damit in der Luft. Die Arbeiterkammer zieht für sie neuerlich vor Gericht. Außerdem unterstützt die AK Wien betroffene Beschäftigte, indem sie ihnen die offenen Löhne aus dem AK Garantiefonds vorstreckt.
AK hat Sachverhaltsdarstellung eingebracht
Die Arbeiterkammer hat anhand der Rixi One Gmbh (früher: Dots at The Leo Grand GmbH) die Arbeitnehmer:innenströme geprüft. Dabei hat sich der Verdacht erhärtet, dass der Arbeitgeber zu einem Zeitpunkt, zu dem es bereits offene Ansprüche von Arbeitnehmer:innen gab, die in weiterer Folge von der AK eingeklagt wurden, weiterhin Beschäftigte aufgenommen wurden, deren Ansprüche dann auch eingeklagt werden mussten.
Es besteht daher der Verdacht, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung veranlasst hat, obwohl ihm klar hätte sein müssen, dass er ihre Lohnansprüche nicht zeitgerecht bzw. vollständig erfüllen kann. Das begründet den Verdacht des Betrugs.
Die AK Wien hat deshalb eine detaillierte Sachverhaltsdarstellung der Staatsanwaltschaft mit der Bitte um Prüfung übermittelt. „Lohnvorenthaltung ist eine ernste Angelegenheit, Lohnansprüche von Arbeitnehmer:innen sind keine frei verfügbare Darlehensmasse für Unternehmen“, so Dvořák.
Schadenersatz wegen Datenschutzverletzung
In mindestens zwei Lokalen der Dots-Gruppe (Leo Grand Restaurant und Dots Mariahilfer Straße) werden zur Zeiterfassung Handflächenscans verwendet. Wegen eines ähnlichen Sachverhalts hat die AK bereits 2020 eine Beschwerde bei der Datenschutzkommission eingebracht: Damals ging es um Beschäftigte bei Plachutta, die ihre Arbeitszeitaufzeichnungen per Handflächenscan unterschreiben mussten. Mittlerweile wurde dieser Beschwerde sowohl von der Datenschutzkommission als auch vom Bundesverwaltungsgericht stattgegeben. Im Wesentlichen wurde Folgendes festgestellt:
- Die Erfassung hochsensibler, biometrischer Daten, wie des Handflächenabdrucks ist völlig überschießend und für den Zweck der Lohnverrechnung nicht geeignet.
- Die Einverständniserklärung, die zur Erfassung dieser extrem sensiblen höchstpersönlichen Daten notwendig ist, müsste freiwillig sein. Freiwilligkeit ist hier aber wegen „Ungleichgewichts der Macht“ nicht gegeben.
Aus Sicht der AK sind die Handflächenscans, die in den Dots-Lokalen verwendet werden, um Anfang und Ende der Arbeitszeit zu dokumentieren, ebenfalls unzulässig. Deshalb wird die AK jetzt in drei Musterverfahren Schadenersatz für die Betroffenen einklagen.
Stabsstelle gegen Betrugsbekämpfung eingerichtet
Die AK Wien hat im Dezember 2023 eine neue Stabsstelle für Betrugsbekämpfung eingerichtet, um künftig noch effizienter gegen Lohn- und Sozialdumping vorgehen zu können. Dafür werden Beratungsdaten systematisch ausgewertet sowie ganz gezielt problematische Branchen und Unternehmern unter die Lupe genommen.
Gemeinsam mit Gewerkschaften, Betriebsräten und Betroffenen werden Strategien entwickelt, um „schwarze Schafe“ zur Verantwortung zu ziehen. Bis dato wurden 39 Fälle an die Stabsstelle herangetragen, die sie prüft oder geprüft hat. Es wurden bereits vier Anzeigen wegen unbefugter Gewerbeausübung bei der jeweils zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde eingebracht und in fünf Fällen wurden Firmen wegen Unterentlohnung angezeigt.
Unsere Forderungen
Lohn- und Sozialdumping bekämpfen - Wiedereinführung des Kumulationsprinzips
2021 wurde das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz aufgeweicht und die Strafen reduziert. Lohn- und Sozialdumping ist damit für Arbeitgeber leichter und billiger geworden. Die AK fordert daher die Wiedereinführung des „Kumulationsprinzips“. Das Kumulationsprinzip sah vor, dass bei Begehung mehrerer Straftaten, wie z.B. Unterentlohnung der Beschäftigten, für jede einzelne Gesetzesübertretung eine Strafe entrichtet werden musste.
Mehr Kontrollen
Um Lohn- und Sozialdumping sowie Schwarzarbeit hintanzuhalten und den Arbeitnehmer:innenschutz sicherzustellen, muss mehr kontrolliert werden. Dafür ist eine massive personelle Aufstockung der zuständigen Behörden (insbesondere Finanzpolizei und Arbeitsinspektorat) erforderlich. Darüber hinaus braucht es Maßnahmen im Unternehmens- und Gewerberecht, um „Wander-Geschäftsführer:innen“ vorzubeugen, die ein dubioses Firmenkonstrukt nach dem anderen betreiben.
„Duplum“
Wenn offene Forderungen nicht fristgerecht bezahlt werden, soll künftig der doppelte Betrag fällig werden. Damit soll verhindert werden, dass Beschäftigtenlöhne als „Liquiditätspuffer“ missbraucht werden.