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Wohnwahnsinn – Mietverträge strotzen vor gesetzwidrigen Klauseln!

Die AK hat ihre Arbeit mit Abmahnungen und Verbandsklagen von Mietverträgen (auch Kauf- und Bauträgerverträgen) verstärkt. In den letzten drei Jahren hat die AK 43 Abmahnungen versendet und Klagen eingebracht, 23 Klagen sind derzeit anhängig. Ernüchternde Bilanz: Die Verwendung von gesetzwidrigen Klauseln in Mietverträgen zum Nachteil der Mieter:innen hat ganz offensichtlich System – in jedem Mietvertrag sind unzulässige Klauseln, krasse Verträge enthalten mehr als 70. Trauriger Rekord: 118 rechtswidrige Vereinbarungen in einem einzigen Mietvertrag! Die AK fordert einen raschen Mietendeckel, ein neues, einheitliches Mietrecht und einen verpflichtenden Mustermietvertrag für Vermieter:innen.

Die AK wird hier Musterverfahren einleiten, damit die Rechtsfrage geklärt wird, ob so etwas zulässig ist.

Mitschnitt unserer Pressekonferenz

Sie können unsere Pressekonferenz hier nachsehen:

Mieter:innen oft stark benachteiligt 

Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte, AK Abteilung Kommunal und Wohnen: „Mieter:innen werden oft stark benachteiligt – viele gesetzwidrige Klauseln in Mietverträgen und dann noch die drohenden Mietbelastungen. Auffällig, in manchen Mietverträgen wird der viel höhere Baukostenindex statt Verbraucherpreisindex als Anpassungsklausel verwendet oder stark rückdatierte Anpassungen. Wir meinen, das ist unzulässig und lassen das gerade prüfen. Leider stellen wir auch fest, dass in Mietvertragsformularen immer wieder Klauseln auftauchen, die Gerichte für unzulässig erklärt haben, Stichwort ausmalen. Warum ist das so? Das Urteil gilt für das geklagte Unternehmen, sollte aber eine gewisse Beispielwirkung für die Branche haben.“

Die AK verlangt mehr Mieter:innenschutz und Wohnsicherheit – bessere Gesetze sind nötig:

  • eine Mietpreisbremse – wann steigt die Regierung endlich auf die Bremse?
  • einheitliches einfaches Mietrechtsgesetz mit wirksamen Mietobergrenzen
  • weg mit befristeten Mietverträgen
  • verpflichtende Muster-Mietverträge für Vermieter:innen vom Justizministerium.

Was ist Praxis bei Mietvertragsformularen?

Wohnungssuchende befinden sich in Zwangssituation

In der Praxis sehen sich Mieter:innen mit Mietvertragsformularen konfrontiert, die von Vermieter:innen/Hausverwaltungen vorformuliert werden. Die Bestimmungen sind nicht verhandelbar, benachteiligende oder rechtswidrige Vereinbarungen sind aus Mieter:innensicht hinzunehmen. Schließlich befinden sich Wohnungssuchende in einer Zwangssituation, sie brauchen die Wohnung. Wenn man endlich eine leistbare Wohnung gefunden hat, akzeptiert man notgedrungen praktisch jeden Vertrag – noch dazu, wenn man sich mit dem Miet- und Wohnrecht nicht besonders gut auskennt. Typisch ist dabei, dass ein:e Vertragspartner:in ein Vertragsformblatt vorlegt. Darin finden sich in der Regel „unfaire“ oder sogar krass gesetzwidrige Klauseln.

Wie die AK Mieter:innen hilft

Nach dem Konsumentenschutzgesetz dürfen bestimmte Verbände/Interessensvertretungen wie die Bundesarbeitskammer gegen die Verwendung (und/oder Empfehlung) gesetz- oder sittenwidriger Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder Vertragsformblättern vorgehen. Die AK prüft die Mietverträge etwa darauf, ob diese gegen das Mietrechtsgesetz, Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch und/oder Konsumentenschutzgesetz verstoßen.

Wenn die AK bestimmte Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Musterverträgen für rechtswidrig erachtet, wird das Unternehmen abgemahnt und aufgefordert eine Unterlassungserklärung abzugeben oder es wird gleich eine Unterlassungsklage eingebracht. 

Die Bilanz der letzten 20 Jahre

Vor knapp 20 Jahren hat die AK Vertragsbestimmungen in Wohnungsmietverträgen einer umfassenden rechtlichen Analyse unterzogen. Die Ergebnisse: Die überprüften Mietverträge enthielten viele gesetzwidriger Klauseln, unterschiedlicher Schwere und Bedeutung. Die Immobilienbranche hat diese Ergebnisse schlichtweg negiert. Viele Vermieter:innen verwendeten weiterhin rechtswidrige Verträge.

AK reagiert mit Abmahnungen und Verbandsklagen

Die AK hat daher mit Abmahnungen und Verbandsklagen reagiert. Zwar verbessert jede Unterlassungserklärung und jedes Gerichtsurteil im Grunde die (schon abgeschlossenen und zukünftigen) Mietverträge für hunderte Mieter:innen und es gibt eine gewisse Beispielswirkung nach außen. Die Urteile oder Unterlassungserklärungen gelten unmittelbar zwar nur für die betroffenen Unternehmen. Bei OGH-Urteilen müsste sich dann die gesamte Branche dran halten. Dennoch: Mieter:innen werden weiter bei der Mietvertragsgestaltung der Immobilienunternehmen und Hausverwaltungen (aber auch von manchen Immobilienmakler:innen) in großem Stil benachteiligt!

Aktuell: Verstärkte Abmahnungen und Verbandsklagen von Mietverträgen

Die AK hat die Abmahnungen und Verbandsklagen von Mietverträgen (aber Kauf- und Bauträgerverträgen) verstärkt. In den letzten drei Jahren hat die AK 43 Abmahnungen/Klagen versendet/eingebracht, 23 sind derzeit anhängig. 

Jeder untersuchte Mustermietvertrag enthält rechtswidrige und benachteiligende Vertragsbestimmungen, die oftmals ähnlich oder fast gleichlautend sind. Rosifka: „Auch wenn gesetzwidrige Klauseln rechtsunwirksam sind und sich die Vermieter:innen letztendlich nicht darauf berufen dürften, werden die Mieter:innen dadurch benachteiligt. Kaum jemand hat die juristischen Kenntnisse, um die Gesetzwidrigkeit der einzelnen Bestimmungen zu erkennen. Mieter:innen sind zudem in einer schwächeren Position und vermeiden somit Rechtsstreitigkeiten mit Vermieter:innen. Das ist sicher auch ein wesentlicher Grund dafür, dass sich in den Mietverträgen weiterhin eine derart hohe Anzahl gesetzwidriger Klauseln zum Nachteil der Mieter:innen befinden.“ Krass rechtswidrige Verträge haben mehr als 70 unzulässige Klauseln.

Aktuelle Beispiele

Vor einem Monat wurde eine Salzburger Immobilienfirma wegen 79 unzulässiger Vertragsklauseln geklagt; Anfang Februar wurde ein Vertrag aus Tirol geprüft, es wurden „nur“ 39 benachteiligende/rechtswidrige Vereinbarungen festgestellt.

Der "schlimmste" Vertrag

Der „schlimmste“ Vertrag bisher enthielt 118 rechtswidrige, die Mieter:innen benachteiligende Bestimmungen. Bei Gericht verpflichtete sich die Vermieterin/Hausverwaltung schließlich die gesetzwidrigen Klauseln nicht mehr zu verwenden. Dieser Mietvertrag wurde 2021 an uns herangetragen – es geht um eine Vermieterin/Hausverwaltung, die in Wien mehrere Häuser besitzt. Sie ist keine Unbekannte bei Mieterschutzorganisationen. Dass sie auch durch kreative Mietvertragsklauseln heraussticht, wurde in diesem Vertragsformular ersichtlich. Bei 118 rechtswidrigen Klauseln bleibt nicht viel vom Vertrag über. Der Mietvertrag enthielt in sämtlichen Bereichen gravierend gröblich benachteiligende Klauseln und könnte als Lehrbeispiel dienen, wie ein Mietvertrag keinesfalls gestaltet sein sollte.

Nachteilige Vertragsbestimmungen – was der AK so alles unterkommt

1. Rückstellung der Wohnung

Simone Brunnhauser, AK Wohnrechtsexpertin: „Eine Vielzahl von unzulässigen Klauseln betreffen die Rückstellung der Wohnung. Die Vermieter:innen möchten bereits bei Mietbeginn regeln, wie die Wohnung bei Rückstellung auszusehen hat und/oder wie sie dann mit der Kaution verfahren wollen.“ Dazu werden beispielsweise folgende Klauseln verwendet:

  • Das Anbohren von Wänden und Fliesen ist ausnahmslos untersagt. Diese Klausel ist gröblich benachteiligend da Mieter:innen in ihrem Gebrauchsrecht eingeschränkt werden. Vermieter:innen wollen so regeln, dass beispielsweise im Badezimmer keine Handtuchstange oder im Wohnzimmer kein Regalbrett montiert werden darf. Übliche Veränderungen (also auch das Anbohren von Wänden oder Fliesen) im Rahmen der gewöhnlichen Nutzung darf vertraglich nicht verboten werden.

  • Nach wie vor in vielen Mietvertragsformularen zu finden – eine Klausel zur Verpflichtung zum Ausmalen: Sollte etwa seitens des Mieters eine färbige Wand- und/oder Deckenmalerei hergestellt worden sein, so ist der ursprüngliche Zustand, nämlich weiße Malerei wiederherzustellen. Bereits 2009 hat der Oberste Gerichtshof klargestellt: In der Regel gibt es keine sachliche Rechtfertigung für eine Ausmalverpflichtung des Mieters zum Ende des Mietverhältnisses. Die Wohnung muss nur ausgemalt werden, wenn die Wände in einer intensiven Farbe, wie etwa dunkelrot oder schwarz ausgemalt wurden oder wenn sie über das gewöhnliche Maß hinaus abgenutzt wurden.

  • Die Kaution ist dem Mieter/der Mieterin innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses rückzuerstatten: „Die Frist von drei Monaten verstößt gegen die zwingende Bestimmung des Mietrechtsgesetzes. Die Kaution ist unverzüglich nach Ende des Mietverhältnisses zurückzustellen, sofern keine berechtigten Ansprüche des Vermieters bestehen“, so Brunnhauser.

  • Pauschale Verzichterklärungen bei Ausziehen aus der Wohnung: Beispiel aus der Praxis: Herr N. spricht nur sehr schlecht Deutsch, Deutsch sinnerfassend lesen kann er nicht. Bei der Wohnungsrückstellung wurde ihm nach der Besichtigung ein Schriftstück zum Unterschreiben vorgelegt. Die Hausverwalterin versicherte Herrn N., dass es sich lediglich um eine Bestätigung handelt, dass er die Kaution in Höhe von 2.000 Euro erhalten hat. Überschrift der Vereinbarung war „Kautionsabrechnung“. Herr N. vertraut der Hausverwalterin und unterschreibt. Im Text der vorformulierten Vereinbarung verzichtete er mit seiner Unterschrift aber auf sein Recht, die Höhe des Hauptmietzinses überprüfen zu lassen (obwohl er ein solches Verfahren mit Hilfe einer Mieterorganisation schon begonnen hatte). Er hatte jedoch Glück. Im konkreten Verfahren stellt das Gericht fest, dass Herr N. niemals auf seine Rechte verzichten wollte und die von ihm unterfertigte Erklärung nicht verstehen konnte. Es war zudem eine überraschende Klausel. Es wurden ihm über 18.000 Euro für gesetzwidrig überhöhte Mietzinse zugesprochen. 

2. Mietzinserhöhungen aufgrund von Wertsicherungsvereinbarungen

Eine Wertsicherungsvereinbarung soll nach dem Willen der Vermieter:innen dazu dienen, dass die Immobilie (neben der ohnehin eintretenden Wertsteigerung) nicht nur den ursprünglich vereinbarten Mietzins/Ertrag abwirft, sondern dass dieser Ertrag inflationsgesichert wird.

  • Verbraucherpreisindex (VPI) und Baukostenindex (BKI): Üblicherweise wird in Mietverträgen der Mietzins an die Steigerung des Verbraucherpreisindex der Statistik Austria gekoppelt. Da die Inflation derzeit sehr stark steigt, steigen auch die Mieten derzeit schneller als üblich. Manchmal findet sich auch der Baukostenindex in Mietverträgen als Anpassungsklausel. Mieter:innen wenden sind an uns, da sie mit Steigerungen von über zehn Prozent innerhalb weniger Monate haben.

Beispiel aus der Praxis

Im Dezember 2021 erhielt Familie M. ein Schreiben von ihrer Vermieterin. Ab Jänner 2022 muss sie um monatlich 209 Euro mehr Miete zahlen, eine Erhöhung von 11,9 Prozent. Im Mietvertrag wurde für die Wertsicherung nicht wie üblich der Verbrauchpreisindex herangezogen, sondern der Baukostenindex. Der Baukostenindex beobachtet die Entwicklung der Kosten, die den Bauunternehmern bei der Ausführung von Bauleistungen durch Veränderung der Kostengrundlangen (Material und Arbeit) entstehen. Anstatt der Steigerung nach dem Verbraucherpreisindex von 2,8 Prozent hat Familie M. dadurch eine viel höhere Mehrbelastung.

Die AK erachtet die Verwendung des Baukostenindex als unzulässig. Die Baukosten für das Gebäude sind ohnehin schon im Mietzins eingepreist und erhöhen sich auch nachträglich nicht. Da die Miete auch nur zu einem Bruchteil in Erhaltung investiert wird, ist auch das keine Rechtfertigung, warum die gesamte Miete mit dem  Baukostenindex angehoben wird. Das ist gerichtsanhängig.

Rückdatierte Wertsicherungen: „In mehreren Fällen werden Mietverträge so gestaltet, dass es schon bei Mietbeginn zu einer versteckten Mietzinserhöhung kommt“, weiß Brunnhauser.

Beispiel aus der Praxis

Frau S. hat den Mietvertrag im Oktober 2022 abgeschlossen, als Hauptmietzins sind 760 Euro zuzüglich Betriebskosten und Umsatzsteuer vereinbart. Anfang Februar 2023 fiel die Mieterin aus allen Wolken. Die Vermieterin machte aufgrund einer vereinbarten Wertsicherungsklausel fünf Monate nach Mietbeginn eine Mietzinserhöhung von 19,7 Prozent geltend. Im Vertrag ist tatsächlich als Ausgangsbasis für die Wertsicherung die VPI-Zahl für Mai 2018 vereinbart (eine Ausgangsbasis, die 4,5 Jahre vor Mietvertragsabschluss liegt). Frau S. fühlt sich völlig überrumpelt. 

Noch ein Beispiel

Das Mietverhältnis von Frau P. beginnt am 25.01.2023. Zur Wertsicherung wird aber auf die verlautbarte Indexzahl für Juni 2022 abgestellt. Das heißt, die Mieterin startet in Wirklichkeit mit einem um 40 Euro höheren Mietzins als der Betrag, der im Vertrag ausgewiesen ist.


3. Erhaltungspflichten

Das Recht auf Mietzinsminderung soll vorab ausgeschlossen werden: „Die Mieter:innen erklären aus zeitweiligen Störungen oder Absperrungen der Strom- Wasserzufuhr, Gebrechen oder Absperrung des Personenaufzugs, an den Wasser-, Licht-, Gas-, Kraft- und Kanalisierungsanlagen aus Mängeln und dergleichen keine Rechtsfolgen abzuleiten“.

Sobald Mieter:innen in der Nutzung ihrer Wohnungen eingeschränkt sind, haben sie aber ein gesetzlich zwingendes Recht auf Mietzinsminderung. Dieser Anspruch ist verschuldensunabhängig (wenn etwa ein Wasserrohrbruch die halbe Wohnung überschwemmt). Die obige Vertragsbestimmung ist unzulässig, sie schließt das zwingende Recht auf Mietzinsminderung aus. 

4. „Betriebskosten“: unklar definiert

Ausufernde und unklare Definition von überwälzbaren „Betriebskosten“: In einem Verfahren gegen die Erste Immobilien Kapitalanlagen GmbH und bei einer Abmahnung gegen die Generali Versicherung wurden in deren Mustermietverträgen unklare Nebenkosten-Vereinbarungen von der AK mit verschiedenen Begründungen beanstandet.

Der OGH teilte die Rechtsansicht der AK im Verfahren gegen die Erste Immobilien Kapitalanlagen GmbH. Den Mieter:innen muss klar sein, was ihnen alles verrechnet werden kann, das haben die Vereinbarungen nicht geleistet. Die Generali Versicherung AG hatte ähnliche Vereinbarungen im Mietvertrag und daher gleich eine Unterlassungserklärung unterschrieben.

In Verhandlungen der AK mit beiden Unternehmen erklärten sich die Firmen bereit, sämtlichen betroffenen Mieter:innen aus den Betreibskostenabrechnungen der letzten drei Jahre erhebliche Beträge zurückzuzahlen (rund 2,5 Millionen Euro bzw. 629.336 Euro). 

5. Vertragsknebelung der Mieter:innen

Für die Mieter:innen besondere Bedeutung haben zwei Verfahren, die vor ein paar Monaten erfolgreich abgeschlossen wurden. Es ging dabei um die den Mietern immer wieder aufgezwungenen Kündigungsverzichte bei unbefristeten Mietverträgen. Bei einer solchen Vertragsgestaltung ist man auf der Vermieterseite vor einer Leerstehung abgesichert, die Mieterseite ist aber gehindert, auf sich ändernde Lebensumstände angemessen reagieren zu können.

Im Zug der von der AK initiierten Gerichtsverfahren wurde vom Obersten Gerichtshof festgehalten, dass ein Kündigungsverzicht von drei bzw fünf Jahren nicht zulässig ist. Der Gerichtshof führte aus, dass Wohnungsmieter:innen, die die Wohnung wegen einer Änderung der persönlichen Lebensverhältnisse (beispielsweise ein berufsbedingter Umzug in ein anderes Bundesland) nicht weiter benötigen, bei einer langen Bindung eine finanzielle Doppelbelastung droht.

Schließlich bliebe der alte Mietvertrag ja noch aufrecht, während ein neues Mietverhältnis bereits begründet ist. Eine längerfristige Bindung an den Mietvertrag, die die Verbraucher:innen im Ergebnis zur Zahlung doppelten Mietzinses verpflichten könnte, kann sehr rasch zu einer existenziellen Bedrohung führen. Da ein solch langer Kündigungsverzicht die Mieter:innen in ihrer Lebensplanung einschränkt und lediglich den Vermieter:innen Planungssicherheit bietet ist eine solche Klausel unzulässig. 

6. Weitere unzulässige Klauseln

  • Hunde und Kleintiere dürfen nur mit Bewilligung des Vermieters gehalten werden – oder das Halten von Tieren ist nur mit schriftlicher Bewilligung des Hausinhabers gestattet: Ein pauschales und undifferenziertes Hundehaltungsverbot ist sachlich nicht gerechtfertigt und daher unwirksam. Ebenso wenig darf das Halten von Kleintieren in Käfigen oder Aquarien, von denen keine Gefahr oder Störung ausgeht, ausgeschlossen werden. Grundsätzlich gilt, dass eine vom Umfang und der Art der gehaltenen Tiere übliche Hundehaltung und Katzenhaltung in der Regel erlaubt ist.

  • Mietwohnungen dürfen ohne Zustimmung der Vermieter:innen Dritten nicht überlassen werden: „Ohne schriftliche Zustimmung der Vermieter:innen ist der/die Mieter:in nicht berechtigt, den Mietgegenstand ganz oder auch nur teilweise, entgeltlich oder unentgeltlich, Dritten zu überlassen“: Diese Klausel verstößt gegen mehrere Gesetzesbestimmungen.

Mehr Sicherheit und Schutz für Mieter:innen

Rosifka: „Schuld an den vielen gesetzwidrigen Mietverträgen sind Immobilienunternehmen, die ihre Vertragsübermacht ganz offensichtlich missbrauchen. Es liegt aber auch an komplizierten Gesetzesbestimmungen, an den befristeten Mietverträgen, was Mieter:innen erpressbar macht und an manch fehlenden Mieterschutzregeln. Hinzu kommen noch die vor der Tür stehenden Mieterhöhungen bei Richtwert-, Kategorie-  und freien Mieten, die mit in den Verträgen üblichen Schwellenwerten von drei oder fünf Prozent werden stark steigen. Auch hier finden wir oft in Mietverträgen den Baukostenindex als Anpassungsklausel oder Rückdatierungen, was wir als unzulässig erachten und nun prüfen lassen. Da muss sich rasch was ändern. Mieter:innen brauchen mehr Mieter:innenschutz und Wohnsicherheit.“

Konkret verlangt die AK:

  • Einmal-Mieterhöhung im Jahr plus Mietendeckel:
    Die Mieten sollen nicht öfter als einmal im Jahr erhöht werden, und die Erhöhung soll auf zwei Prozent begrenzt werden (das soll für Richtwert-, Kategoriemieten und freie Mieten, bei denen Erhöhungen vertraglich geregelt sind). Das soll so lange sein, bis es zu einer großen Mietrechtsreform kommt, die längst überfällig ist.

  • Einheitliches, einfaches Mietrechtsgesetz:
    Ein einheitliches einfaches Mietrechtsgesetz mit wirksamen Mietobergrenzen ist dringend nötig. Bis es dazu ein Ergebnis gibt – schnell geht:

  • Weg mit den Befristungen:
    Drei von vier neuen Mietverträgen im privaten Segment sind nur mehr befristet. Immobilienkonzerne, Versicherungen und andere große Wohnungsbesitzer:innen sollen aber zukünftig nur mehr unbefristet vermieten dürfen. Privaten Vermieter:innen sollen Befristungen hingegen für maximal eine Wohnung erlaubt sein.

  • Höhere Strafen:
    Wenn Vermieter:innen/Hausverwaltungen überhöhte Mieten oder unzulässige Nebenkosten verlangen, sollen die Strafen wirksamer sein. Sie sollen ein Vielfaches dessen zurückzahlen müssen, was Mieter:inenn illegal bezahlt haben.

  • Verpflichtende Muster-Mietverträge:
    Das Justizministerium muss Muster-Mietverträge erstellen, die Vermieter:innen zwingend verwenden müssen.

Was Sie unterschreiben können und was nicht – AK Tipps

  • Illegale Klauseln unwirksam, wenn das Mietrechtsgesetz gilt:
    Wo das Mietrechtsgesetz gilt, also bei vor 1945 errichteten Altbauten oder bei gefördert errichteten Neubauten, sind viele Vereinbarungen, die die Mieterrechte zu beschneiden versuchen, relativ unproblematisch. Die Mieterrechte sind ja in der Regel zwingend (vertraglich nicht abänderbar).

    Wenn Sie etwa unterschreiben oder schon unterschrieben haben, dass Sie die Kosten von Reparaturen als Betriebskosten bezahlen, ist das nicht zulässig. Vermieter:innen dürfen Reparaturkosten etwa für die Gas- oder Wasserleitung nicht in den Betriebskosten verrechnen.

  • Vorsicht bei Mietverträgen, bei denen das Mietrechtsgesetz nicht voll oder gar nicht gilt:
    Bei solchen Verträgen gelten die Definitionen des Mietrechtsgesetzes – zum Beispiel zum Begriff „Betriebskosten“, usw. – nicht. Legen Sie Wert auf klare Vereinbarungen.
     
  • Unterschriebener Voraus-Verzicht auf Mietzinsminderung harmlos:
    Generell ist es unproblematisch, wenn Sie im Mietvertrag einen Voraus-Verzicht auf eine später allenfalls zustehende Mietzinsminderung unterschrieben haben. Dieser unterschriebene Verzicht gilt nicht.

  • Besondere Vorsicht bei Miete eines Einfamilienhauses:
    Bei einem gemieteten Einfamilienhaus kann es Ihnen passieren, dass Sie mit einer nachteiligen (aber zulässigen!) Vertragsgestaltung zigtausende Euro in die Bewohnbarmachung des Hauses investieren und am nächsten Tag eine Kündigung am Tisch haben, ohne dass Sie einen Cent Investitionsersatz bekommen. Wenn Sie einen solchen Vertrag unbefristet abgeschlossen haben, gibt es ja keinen Kündigungsschutz. Umgekehrt haben Sie dort bei befristeten Mietverträgen die gesetzlich vorzeitige Kündigungsmöglichkeit gemäß Mietrechtsgesetz nicht. Sie müssten das vertraglich vereinbaren. Vertrag sorgfältig prüfen lassen! 

  •  Achtung bei Verzichtserklärungen bei Wohnungsauszug: Vorsicht bei Verzichtserklärungen etwa im Rahmen eines Übernahmeprotokolls, wenn Sie aus Ihrer Mietwohnung ausziehen. Streichen Sie benachteiligende Vereinbarungen im Übernahmeprotokoll oder in der Kautionsabrechnung raus. 

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