Alltagsbegleitung
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Die (un)endliche Geschichte des Berufsgesetzes der Sozialen Arbeit

Seit über 20 Jahren bemühen sich die Berufe der Sozialen Arbeit um ein eigenes Berufsgesetz. Es soll mehr Sicherheit für die Berufsangehörigen und die Adressat:innen der Sozialen Arbeit aber auch für Förder- und Arbeitgeber:innen bringen. Aktuell gibt es keine gesetzlichen Regulierungen zu Arbeitsbereichen und -auftrag, Qualitätssicherung oder Ausbildung für die Berufsangehörigen und die jeweiligen Institutionen. Auch für Adressat:innen fehlen rechtliche Absicherungen wie beispielsweise eine Verschwiegenheitspflicht der Fachkräfte. Erste Schritte sollen nun endlich gesetzt werden.

Die Profession Sozialer Arbeit, wie sie heute verstanden wird, hat sich zuallererst aus den sehr eng begrenzten Tätigkeitsfeldern im Kontext Erziehung, Fürsorge und Sicherstellung von Gesundheitsversorgung sowie Armenwesen entwickelt. Heute hat die Soziale Arbeit in vielen Gesellschafts- bzw Politikbereichen unverzichtbare Aufgaben übernommen. Die Soziale Arbeit mit geschätzten 42.800 Berufsangehörigen übernimmt nicht mehr wegdenkbare Funktionen, nicht nur innerhalb der Gesellschafts- und Politikfelder, sondern dient auch als Vermittler:in zwischen diesen und erfüllt damit wesentliche Schnittstellenfunktionen. 

Berufsgesetz bitte warten

Politische Entscheidungsträger:innen haben seit Jahren immer wieder Zugeständnisse in Richtung einer berufsgesetzlichen Ausgestaltung gemacht. Auch im aktuellen Regierungsprogramm 2020 – 2024 steht:

„Ziel der Erarbeitung eines bundes-einheitlichen Berufsgesetzes für soziale Arbeit in Zusammenarbeit mit den Ländern“. Dennoch lässt ein Berufsgesetz aktuell noch auf sich warten. In fast allen EU-Mitgliedsländern gibt es berufsrechtliche Regelungen für die Profession der Sozialen Arbeit. Österreich ist mit der fehlenden Umsetzung der Europaratsempfehlungen aus 2001 europäisches Schlusslicht. 

Rechte und Pflichten definieren!

Es ist dringend an der Zeit nicht nur die Aufgabengebiete zu formulieren, sondern auch Rechte und Pflichten für Berufsangehörige, Institutionen und Adressat:innen zu definieren und einheitliche Ausbildungsgrundlagen (Kerncurricula) gesetzlich zu verankern.

Durch diese Maßnahmen kann die Attraktivität des Berufsbildes gesteigert und die Durchlässigkeit erleichtert werden, um der hohen Nachfrage an Arbeitskräften gerecht zu werden und die im Feld befindlichen Akteur:innen zu schützen bzw. auch deren Kompetenzen zielgerichtet zu nutzen. Dringend ist auch ein Ausbau der Studienplätze für Soziale Arbeit, weil der Bedarf an Fachkräften bei Weitem nicht gedeckt werden kann und viele Bewerber:innen mangels Studienplätzen von den FHs abgelehnt werden müssen. 

Was ist soziale Arbeit?

Zur Bearbeitung des Themas hat die AK Wien gemeinsam mit den Berufsverbänden der Sozialen Arbeit (obds, ogsa) und den Gewerkschaften am 17.04.2023 eine Tagung zum Thema „Die (un)endliche Geschichte des Berufsgesetzes der Sozialen Arbeit“ organisiert: 


Der Vormittag war von den Themen der Berufsidentifikation, -definition und Zugehörigkeit der Sozialen Arbeit im internationalen und nationalen Kontext geprägt. Der Berufsverband der Sozialen Arbeit „obds“ hat mit dem „Identifikationsrahmen“ eine allgemein akzeptierte Beschreibung des Berufs erarbeitet, die als Grundlage für ein Berufsgesetz dienen kann.

Am Nachmittag wurde in zwei Vorträgen zum Berufsrecht durch Expert:innen der AK Wien und des BMSGPK ein Bogen von professionellem Handeln über Profession und deren berufsrechtliche Ausgestaltung bis hin zur interprofessionellen Kooperation gespannt. Auf der Veranstaltung wurde deutlich, dass die Forderung nach einem Berufsrecht von allen Bereichen der Sozialen Arbeit erhoben und mitgetragen wird. 

Podiumsdiskussion zu nächsten Schritten

Der Höhepunkt der Tagung war eine Podiumsdiskussion zu „Gemeinsame nächste Schritte“ bei der neben Vertreter:innen von Volksanwaltschaft, Betriebsrät:innen, Berufsverbänden und Vertreter:innen aus Forschung und Lehre auch BM Johannes Rauch zugegen war. Am Podium wurden die jeweiligen Kernaussagen deutlich gemacht und sich einstimmig zur Notwendigkeit eines Berufsgesetzes bekannt.

Bundesminister Rauch hat im Rahmen der Podiumsdiskussion zugesichert als ersten Schritt einen Bezeichnungsschutz für Soziale Arbeit umsetzen zu wollen und eine Erhebung des notwendigen Personalbedarfs - ähnlich jenem der Pflegeberufe – umgehend in Auftrag zu geben, um budgetäre Vorsorge für ausreichend Ausbildungsplätze treffen zu können. Eine Umsetzung eines Berufsgesetzes sieht Bundesminister Rauch in dieser Legislaturperiode trotz Verankerung im Regierungsprogramm aufgrund mangelnder parlamentarischer Mehrheiten für nicht durchsetzbar an. 

Bei ausreichend Vernetzungsmöglichkeiten und persönlichen Gesprächen haben 550 Personen die Veranstaltung mitverfolgt. Der obds hat die während der Veranstaltung zahlreich eingegangen Inputs und Fragestellungen der Teilnehmer:innen in FAQ’s, die auf der Homepage des obds frei zugänglich sind, aufgearbeitet. Diese werden ständig überarbeitet, um aktuell über alle Entwicklungen der gesetzlichen Regelungen zu informieren.

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