AK Anderl: Abschaffung der kalten Progression ist positiv
Am 14.7.2022 präsentierte die Bundesregierung den Begutachtungsentwurf zur Abschaffung der kalten Progression. Die Inflationsrate von Juli 2021 bis Juni 2022 soll erstmals 2023 zu einer Anpassung von Tarifstufen und negativsteuerfähigen Absetzbeträgen im Ausmaß von 5,2% führen – zwei Drittel davon automatisch, ein Drittel durch Entscheidung der Politik.
Die AK wird den Begutachtungsentwurf genau prüfen
Die AK fordert die Abschaffung der kalten Progression seit Jahren und begrüßt, dass diese nun kommen soll. Bei der technischen Umsetzung sind noch einige Fragen offen.
Aus Sicht der AK ist es notwendig, dass bei Absetzbeträgen und Negativsteuern eine vollständige automatische Inflationsanpassung erfolgt, da die Entlastung der Menschen mit niedrigen Einkommen besonders wichtig ist. Auch die Ersatzraten für die Sozialversicherungsbeiträge müssen mitgedacht werden.
„Nachdem die Arbeitnehmer:innen den Großteil der kalten Progression einzahlen, müssen ihre Interessensvertretungen auch in die politischen Entscheidungen zur Verteilung des ‚politischen Drittels‘ einbezogen werden. Die AK wird den Begutachtungsentwurf im Detail prüfen und ihre Forderungen anbringen“, betont AK Präsidentin Renate Anderl.
Jetzt sind weitere Maßnahmen zur Abschaffung von Armut notwendig
„Was im Entlastungspaket der Bundesregierung fehlt, sind wirksame Maßnahmen, um den Sozialstaat armutsfest zu machen. Die hier geplanten Einmalzahlungen sind wenig nachhaltig, weil die Inflationsraten auch die nächsten Jahre hoch bleiben werden. Österreich steuert hier auf massive soziale Verwerfungen zu.
Hier braucht es vor allem die Anhebung der Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld auf 70% sowie eine Anhebung der Mindestpensionen und Sozialhilfe auf das Niveau der Armutsgefährdung. Derzeit besteht bei der Sozialhilfe eine Lücke von fast 400 Euro monatlich“, so Anderl.
Nach allen Aussagen der Bundesregierung soll die Entlastung der kalten Progression den Erwerbstätigen und Pensionist:innen zugutekommen. Das passt nicht zu den Äußerungen von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr, der auf der Pressekonferenz mit Finanzminister Brunner meinte, dass die Abschaffung der kalten Progression niedrigere Bruttolohnabschlüsse ermöglichen würde.
„Eine solche Empfehlung würde bedeuten, dass sich die Arbeitnehmer:innen die Abschaffung der kalten Progression zumindest teilweise selbst bezahlen, die politisch versprochene Entlastung also nicht bzw. nur teilweise bei ihnen ankommt. Hier wäre ein nochmaliges Bekenntnis der Bundesregierung wünschenswert, die Bevölkerung wirklich zu entlasten, statt Zurückhaltung bei den Lohnverhandlungen einzufordern“, erklärt Anderl abschließend.