Qualifizierungsoffensive für Österreich

ANTRAG NR. 1 der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen zur 129. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 23. 11. 2001 QUALIFIZIERUNGSOFFENSIVE FÜR ÖSTERREICH Angesichts der angespannten Lage in allen Bereichen der Berufsausbildung fordert die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer rasch Maßnahmen zur Aufstockung und Qualitätsverbesserung der Schul- und Ausbildungsplät-ze. Da sich ein erheblicher Mangel an Qualifizierungsmöglichkeiten von der Lehrlingsausbildung über die berufsbildenden Schulen bis in den Fachhoch-schulbereich zieht, muß diese Offensive von Alternativangeboten in der dualen Ausbildung über ein höheres Kontingent an Schulplätzen und Bestrebungen zu einer Senkung der Drop-out-Raten in den mittleren und höheren Schulen bis zu einem forcierten Ausbau der bestehenden Fachhochschul-Studiengänge rei-chen. Die Hauptversammlung fordert, daß die Rate der Jugendlichen, die einen Hauptschulabschluß erlangen, erhöht wird, und ebenso die Quote der Jugend-lichen, die eine weiterführende Bildungsmaßnahme nach der Pflichtschule be-endet. Die Hauptversammlung fordert weiters Instrumente, um Bildungsnachfrage und –angebot mit den geänderten ökonomischen Anforderungen und Entwick-lungen in Abstimmung zu bringen. Die Hauptversammlung fordert eine Anhebung der Qualifikationsabschlüsse auf allen Ebenen des österreichischen Bildungssystems. Begründung: Aufgrund einer Erhebung über Aufnahmekapazitäten und BewerberInnen an den Wiener berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) sowie durch die Um-legung der Budgetzahlen auf die Schülerkapazität kann davon ausgegangen werden, daß rd. 6000 - 7000 SchülerInnen abgewiesen werden mußten oder nicht den Schul-platz ihrer Wahl erhielten. Bei einer detaillierteren Betrachtung ist insbesondere die Situation an den techni-schen Schulen äußerst schwierig. In allen Schulen, die Elektronik und Datenverar-beitung anbieten, war eine doppelte bis dreifache Überbuchung abzulesen. Eine Aufstockung der Budgetmittel für den BMHS-Bereich sowie Umstrukturierungen zwischen den Fachrichtungen ist erforderlich. Fast 30% der Lehrlinge sind Schulabbrecher aus der AHS-Oberstufe oder aus den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen. Diese Jugendlichen sind an einer praxisnahen Berufsausbildung interessiert, die einen hohen Anteil an betrieblichen Ausbildungselementen bzw. eine Erprobung am konkreten Fall enthält. Anfang dieses Schuljahres gibt es österreichweit für gut 10.000 vorgemerkte Lehr-stellensuchende nur 5000 offene Lehrstellen. Um den Druck vom Lehrstellenmarkt zu nehmen ist eine Gesamtreform der dualen Berufsausbildung auf Basis der beste-henden Grundstrukturen dringend notwendig. In diesem Zusammenhang sollen in einer Studie die zukünftigen Bedürfnisse des Arbeitsmarktes festgestellt und Modelle für strukturelle Veränderungen erstellt werden. Bei den Fachhochschul-Studiengängen gibt es nach dem Start von 26 neuen Ange-boten in diesem Herbst insgesamt fast 5500 Studienplätze für AnfängerInnen, die-sen Plätzen standen an die 18.000 BewerberInnen gegenüber, das bedeutet Abwei-sungen von über 12.000 Interessierten. Auch im Fachhochschulsektor zeigt der Be-reich der Informationstechnik und der sozialen Berufe den höchsten Andrang. Die Hauptversammlung fordert eine Vorziehung von Bundesmitteln aus dem Ent-wicklungsplan für einen rascheren Ausbau des FH-Sektors sowie weitere Maßnah-men (Aufstockung vorhandener Studiengänge, mehr Anrechnungen für BHS-AbsolventInnen, Einbeziehung der Universitäten etc.), um dem hohen Andrang gerecht zu werden. ____________________________________ Bericht über die Erledigung der Anträge Antrag Nr 1 der FSG Qualifizierungsoffensive für Österreich Die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen konnten auch im Herbst 2001 wieder einen SchülerInnenanstieg verbuchen. Aufgrund der eingefrorenen Budgets kommt es aller-dings zu schlechteren Lernbedingungen (zB höhere Klassenschülerzahlen), auch die Ein-sparung bei den LehrerInnen (keine Abschlagsstunden für Klassenvorstand oder Kustodiat) wirken sich negativ auf das Schulklima aus. Aufgrund dieser prekären Situation im Herbst 2001 – 6.000 Abweisungen an berufsbildenden Schulen und 13.000 an Fachhochschulen, zuwenig Ausbildungsplätze für lehrstellensuchen-de Jugendliche - hat die BAK am 14.11.2001 bei einer Podiumsdiskussion mit den Bil-dungssprecherInnen der Parlamentsparteien die Lage thematisiert. Die Veranstaltung fand großes Interesse, auch bei den Medien. Auch im Jahr 2001 wurde – trotz eindeutiger Alarmsignale am Lehrstellenmarkt – das Ju-gendausbildungs-Sicherungsgesetz erst im Oktober verlängert. Allerdings wurde nur die budgetäre Reserve aus den vorhergehenden Jahren - rd 100 Mio Schilling – zur Verfügung gestellt. Weiters gab es die Einschränkungen, dass die Lehrgänge nur in Bundesländern mit einem besonderen Ungleichgewicht stattfinden durften und dass sich auch die Länder an diesen Projekten zu beteiligen hätten. Aufgrund der ausbleibenden Maßnahmen durch die Bundesregierung und einer auch im Jahr 2001 wiederum rückläufigen Lehrstellenzahl (Rückgang um 1,5 %) hat Österreich seit Be-ginn 2002 extreme Steigerungen bei den jugendlichen Arbeitslosen zu verzeichnen (Arbeits-lose zwischen 15 und 24 Jahren – Veränderung zum Vorjahresmonat: Dezember 2001: +29 %; Jänner 2002: +20,8 %; Februar 2002: + 20 %; April 2002: +27 %) Das Büro der BAK arbeitet weiterhin mit ÖGB und ÖGJ an Konzepten zur Umsetzung einer starken praxisorientierten Berufsausbildung. Vorbilder könnten hier Modelle aus den skandi-navischen Ländern wie etwa die Produktionsschulen oder das deutsche Berufsvorberei-tungsgrundjahr sein. Außerdem entsandte die BAK VertreterInnen zum Unterausschuss des Unterrichtsausschus-ses, in dem die Forderung des Bildungsvolksbegehrens nach einer „Vollzeitberufsschule“ behandelt wurde. Aber auch österreichische Beispiele wie die Fachschule mit einem Technikpraktikum am Ende der Schulausbildung zeigen eine Lösung, wie Jugendliche den Übergang von der Be-rufsausbildung in den Arbeitsmarkt positiv bewältigen können. Das Büro der BAK hat in einer gemeinsamen Tagung mit den LandesschulinspektorInnen des technischen Schulwesens diese Möglichkeiten diskutiert. Im Fachhochschulbereich gibt es im Studienjahr 2001/02 14.439 Studierende (33,2 % Frau-en, 66,8 % Männer). Für einen Studienplatz bewerben sich durchschnittlich drei Studenten, dh es sind nach wie vor viel zu wenig FH-Studienplätze vorhanden. 70 % der Studierenden sind in Vollzeitstudiengängen, 30 % in Berufstätigenformen. Das Ministerium hat für Herbst 2002 die Aktion 600+ gestartet, wobei zusätzlich zu den 600 AnfängerInnenstudienplätzen nach dem Entwicklungsplan noch einmal 600 neue Plätze an-geboten werden sollen. Allerdings ist hier die Bedingung, dass die Länder für eine Kohorte die Bundesfinanzierung übernehmen. Aufgrund dieser Strategie wird das Ziel des Entwick-lungsplanes (21.000 Studierende im Jahr 04/05) wahrscheinlich schon ein Jahr früher er-reicht. Sollten alle Studiengänge genehmigt werden, gibt es im Herbst 1.653 neue AnfängerInnen-studienplätze. Allerdings werden 711 dieser Plätze von den Bundesländern/Trägern in der ersten Kohorte vorfinanziert. 280 der neuen Plätze kommen aus der Integration der Sozial-akademien in den FH-Bereich sowie einem internationalen Fonds. Aus dem regulären Fach-hochschulbudget des Bundes kommen nur 662 Plätze, wie sie im Entwicklungsplan vorge-sehen sind. Im April 2002 wurde eine Novelle zum Fachhochschul-Studiengesetz verabschiedet, damit kann auch in diesem Bereich das dreigliedrige Studiensystem (Bakkalaureats-, Magister- und Diplomstudiengänge) eingerichtet werden. Die BAK tritt für eine Verkürzung der Studienzeiten, wie sie mit den Bakkalaureatsstudien-gängen möglich sind, ein. Allerdings ist dabei auf eine fundierte Berufsausbildung Wert zu legen und es muss Anschlussmöglichkeiten für das nachfolgende Magisterstudium geben. Ende April 2002 wurde gemeinsam mit dem Fachhochschulrat eine Konferenz zum Thema „Qualitätssicherung bei der Einführung von Bakkalaureats- und Magisterstudiengängen im Fachhochschulbereich veranstaltet.“ Angesichts des anhaltenden hohen Lehrstellendefizites fordert die BAK ein vermehrtes An-gebot an Lehrstellen durch Lehrbetriebe und darüber hinaus noch Alternativangebote im Rahmen der dualen Ausbildung. Insbesondere müssen Stiftungen, die vor 2 Jahren durch die Bundesregierung gestrichen wurden, wieder eingeführt werden. Den Jugendlichen müssen in zukunftsversprechenden Lehrberufen - auch im Rahmen von Stiftungen - Ausbildungsplätze angeboten werden. Weiters ist eine Reform der Berufsausbildung notwendig: · Ausbildungsverbünde (ergänzende Ausbildung in Kursen und Partnerbetrieben) · Einrichtung von Gruppenlehrberufen mit Zukunftsperspektive, · Aus- und Weiterbildung von Ausbildern sowie · ein Lastenausgleich bzw Förderung von Lehrbetrieben nach Qualitätskriterien.

Ergebnis: E ang einstimmig angenommen

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