CETA: Ein Faktencheck
Sind bei CETA wirklich alle Giftzähne gezogen? Unser Faktencheck ergibt: Leider nicht! Die Risiken übersteigen mögliche Vorteile bei Weitem!
Bei Handels- und Investitionsabkommen wie CETA geht es darum, alles aus dem Weg zu räumen, was den Handel irgendwie behindert. Als Handelshemmnis gelten unterschiedliche Regulierungen in den Partnerstaaten. Unterschiedliche Gesetze und Normen können zum Beispiel Produktionsstandards, Lebensmittelsicherheit oder Zulassungsverfahren von Chemikalien betreffen.
Das Zauberwort für ungehemmten Handel heißt daher „Regulierungszusammenarbeit“: Die Verhandlungspartner sollen die Regeln des anderen anerkennen oder sich auf neue, gemeinsame Regeln verständigen. Dann, so die Idee, haben es alle einfacher, Produzenten, Händler und Konsumenten. Klingt eigentlich ganz vernünftig. Doch die Regulierungszusammenarbeit ist ein Wolf im Schafspelz.
Der Anwendungsbereich für die Regulierungszusammenarbeit ist viel zu weit gesteckt. Soll heißen: So gut wie alle Gesetze, Verordnungen oder Richtlinien auf EU-Ebene können von CETA betroffen sein. Alle gegenwärtigen und zukünftigen Gesetzesinitiativen, die einen Bezug zum Handel haben, können Gegenstand der Regulierungskooperation mit dem Handelspartner werden. Die Handlungsspielräume für Regierungen werden damit sehr eng.
Geht es nach den aktuellen Vorschlägen der EU-Kommission, werden die hohen europäischen Schutzniveaus für KonsumentInnen, ArbeitnehmerInnen und Umwelt durch die Regulierungszusammenarbeit wahrscheinlich gesenkt werden. Umgekehrt wird es viel schwieriger, neue Schutzbestimmungen einzuführen oder bestehende zu verbessern.
Die EU wendet in vielen Bereichen des Gesundheits- und des Umweltschutzes das so genannte Vorsorgeprinzip an, etwa bei Gentechnik, Lebensmittelsicherheit oder gefährlichen Chemikalien. So lange nicht alle Risiken geklärt sind, können bestimmte Produkte und Herstellungsweisen verboten werden.
Anders in Kanada, das weltweit einer der größten Produzenten von genmanipulierten Produkten ist. Gentechnisch veränderte Produkte müssen dort - im Gegensatz zu Europa - nicht verpflichtend gekennzeichnet werden. Kanada wird alles dransetzen diese Produkte in der EU abzusetzen. Das bedeutet zunehmenden Druck auf die in der EU bestehende Kennzeichnungspflicht von genmanipulierten Produkten.
Auch langfristig sollen Mechanismen geschaffen werden, damit auch nach dem Inkrafttreten von CETA bestehende Regulierungsunterschiede abgebaut und zukünftige vermieden werden. Parlamente kommen in diesem Konzept allerdings nicht vor. Offenbar ist auch Demokratie ein Handelshemmnis.
So sieht die Regulierungsarbeit künftig aus
Völlig unklar bleibt, welche Einflussmöglichkeiten den Unternehmensverbänden und Konzernen in den Gremien der Regulierungskooperation zukommt. In diesem Rahmen könnten sie gegen missliebige Gesetze vorgehen und selbst an Gesetzen mitschreiben. Immer, wenn die EU-Kommission ein neues Gesetz, das einen Bezug zum Handel hat, entwirft, wird sie die kanadische Regierung konsultieren – und das, noch bevor unsere gewählten Parlamentarier den Vorschlag überhaupt zu Gesicht bekommen.
Was hinter der Regulatorische Zusammenarbeit steckt und warum sie ein Anschlag auf die Demokratie ist, pointiert zusammengefasst von LobbyControl.
Mitmachen: In Österreich haben sich Gewerkschaften, NGOs und zivilgesellschaftliche Initiativen zur Plattform „Anders Handeln – Globalisierung gerecht gestalten“ zusammengeschlossen. Anders Handeln bietet vielfältige Aktionsmöglichkeiten.
Rechtsgutachten erstellt von P.-T. Stoll, T. Holterhus und H. Gött im Auftrag der Arbeiterkammer Wien, Juni 2015. „Die geplante Regulierungszusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Kanada sowie den USA nach den Entwürfen von CETA und TTIP“.
Blog Arbeit & Wirtschaft
Tiefer rein ins thema
Die AK-Studie zur Regulierungszusammenarbeit wurde am 16. September 2015 mit einem der Studienautoren, Prof. Peter-Tobias Stoll, präsentiert und diskutiert. Einen Videomitschnitt der Veranstaltung und weitere Infos finden Sie hier!© 2021 BAK | Prinz-Eugen-Straße 20-22 1040 Wien, +43 1 501 65