Dieses Bild teilen über:
Österreich befindet sich mitten im zweiten Lockdown. Viele ArbeitnehmerInnen arbeiten wieder in den eigenen vier Wänden. Mobiles Arbeiten ist zwar kein neues Phänomen, hat aber mit den Schutzmaßnahmen rund um die Covid-19-Pandemie einen einzigartigen Höhepunkt erlebt.
Noch vor Beginn der Pandemie haben rund 5 Prozent der ArbeitnehmerInnen in Österreich mobiles Arbeiten in ihrem Arbeitsalltag genutzt. Laut einer im Auftrag der AK durchgeführten IFES Erhebung im April und im Oktober 2020 haben rund 40 Prozent der ArbeitnehmerInnen im Home-Office gearbeitet. Was hat sich seit dem ersten Lockdown beim Arbeiten zu Hause verändert? Wie ist es um die Infrastruktur bestellt? Und wie gestalten sich die Arbeitszeiten? Antworten auf diese und mehr Fragen hat das Meinungsforschungsinstitut IFES für die AK erhoben.
Für viele Beschäftigte und Betriebe war Homeoffice eine neue Erfahrung, und Homeoffice war zweifelsfrei ein Instrument, um Arbeitsplätze zu erhalten. „Die Monate zwischen dem ersten Lockdown im März und Oktober sind leider nicht genutzt worden, um klare Regelungen und Rahmenbedingungen für das Arbeiten im Homeoffice zu schaffen. Das trifft sowohl auf die Betriebe als auch auf die Bundesregierung zu“, sagt AK Präsidentin Renate Anderl.
Die Debatte rund um das Thema Homeoffice verdeutlicht unmissverständlich: Home-Office ist in vielen Berufsfeldern angekommen und wird auch nach der Krise verstärkt genutzt werden. Auf Basis der Erkenntnisse aus Theorie und Praxis müssen daher klare bestehende gesetzliche Regelungen eingehalten und zusätzliche geschaffen werden, um auch bei dieser Arbeitsform dauerhaft Gerechtigkeit und Rechtssicherheit zu gewährleisten.
Das Arbeitsministerium hat kürzlich Leitfäden zum Thema Homeoffice veröffentlicht, die leider auch nicht die nötige Klarheit und Sicherheit bringen. Aus Sicht der Arbeiterkammer fehlen beispielsweise Informationen zu geltendem Recht wie Arbeitszeitgesetz, Unfallversicherungsschutz oder Dienstnehmerhaftpflichtgesetz. „Beim Thema Homeoffice geht es nicht nur darum, Spielregeln zu vereinbaren, es geht darum, die geltenden Gesetze einzuhalten“, bekräftigt Anderl. In anderen Punkten, beispielsweise der Bereitstellung von Betriebsmitteln, vertritt die AK eine andere Rechtsmeinung, als im Leitfaden angeführt. „AK und ÖGB haben die Arbeitsministerin darum ersucht, die Leitfäden dringend mit Einbeziehung der Sozialpartner zu überarbeiten. Es muss hier wirklich rasch Klarheit und Sicherheit geben.“
Dass sich seit dem Frühjahr punkto Organisation und Vereinbarungen im Homeoffice wenig geändert hat, zeigen auch die Ergebnisse der Befragung durch IFES (n = 2.046, Oktober 2020). Details entnehmen Sie, bitte, der Präsentation.
„Rund 4 von 10 ArbeitnehmerInnen haben Homeoffice-Erfahrung, für die meisten davon war das eine neue Erfahrung wegen des ersten Lockdowns im Frühjahr“, berichtet Eva Zeglovits, Geschäftsführerin von IFES. Von den ArbeitnehmerInnen ohne Homeoffice-Erfahrung sagen die meisten, dass Homeoffice in ihrem Job, bei ihrer Tätigkeit einfach nicht möglich ist. Es gibt aber auch ArbeitnehmerInnen, die angeben, ihr Arbeitgeber unterstützt das nicht, oder die das von sich aus nicht wollen oder können.
„Zwei Dinge fallen bezüglich der technischen Ausstattung auf: Erstens sind Frauen im Vergleich zu Männern schlechter ausgestattet. Und zweitens gibt es seit dem Frühjahr kaum Verbesserungen. Hier ist die Zeit nicht genutzt worden, die ArbeitnehmerInnen mit dem wichtigsten Equipment auszustatten. Immer noch arbeiten sehr viele ArbeitnehmerInnen zuhause mit privater Ausstattung, egal ob das die Internetverbindung, das Telefon, der Monitor oder der Drucker ist.“
„Die Ergebnisse der Befragung und die Beratungserfahrungen der Arbeiterkammern in den
vergangenen Monaten haben eines ganz deutlich gezeigt: Angesichts der Vielzahl an Problemen und offenen Fragen, die sich rund um mobiles Arbeiten stellen, muss es endlich Lösungen geben, die die Interessen der ArbeitnehmerInnen und der Betriebe abdecken – und zwar für die aktuelle Corona-Zeit und langfristig für danach“, sagt Anderl.
Die AK Präsidentin nennt ein paar wesentliche Eckpunkte: „Nicht alle ArbeitnehmerInnen können oder wollen im Homeoffice arbeiten. Im Fall von Homeoffice liegt es an den Arbeitgebern, für die nötige Infrastruktur zu sorgen. Es muss eine klare Trennung zwischen Homeoffice einerseits und anderen Aufenthalten in den eigenen vier Wänden, vor allem wegen Krankenstand oder um Kinder und Angehörige zu pflegen, geben – wie das ja auch der Fall ist, wenn man nicht im Homeoffice arbeitet.
Anderl: „Ich finde es erschütternd, dass 60 Prozent angeben, eher im Homeoffice zu arbeiten, als Pflegefreistellung zu nehmen und dass 56 Prozent eher krank von zuhause arbeiten als in Krankenstand zu gehen. Das geht nicht.“ Und für Anderl ist ganz klar: „Homeoffice und Kinderbetreuung geht nicht zusammen, da leiden die Eltern und die Kinder.“ Eine wichtige Rolle sieht Anderl bei den BetriebsrätInnen: „Die Befragung zeigt ganz deutlich, dass die Regelungen da besser sind, wo es BetriebsrätInnen gibt. Gute Instrumente der Mitbestimmung sorgen für Gerechtigkeit.“
© 2021 BAK | Prinz-Eugen-Straße 20-22 1040 Wien, +43 1 501 65